Fachinformation:
GHB (Gamma-Hydroxybutyrat) – Mischkonsum
[Endogener Neurotransmitter]

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GHB wird auch als "Liquid Ecstasy" bezeichnet, ist jedoch kein "Ecstasy"!


1. Substanzen

GHB (Gamma-Hydroxybutyrat = Gamma-Hydroxybuttersäure) ist eine farblose Flüssigkeit mit leicht scharfem Geruch. GHB ist ein Narkotikum (Narkosemittel) mit hypnotischen (einschläfernden) Eigenschaften ohne analgetische (schmerzstillende) Wirkung. GHB wurde erstmals im Frühjahr 1960 synthetisiert. 1 * Die Synthese erfolgte durch den Chemiker und Pharmakologen Camille-Georges Wermuth im Auftrag der französischen Marine im Rahmen eines Forschungsprogrammes, das von dem in Hanoi (Vietnam) geborenen Chirurgen Henri-Marie Laborit am Marinestützpunkt Toulon in Südfrankreich durchgeführt wurde. 2 *


  GHB/Na-GHB
  (Somsanit®)
  (Xyrem®)
  = Gamma-OH
  = Gamma-Hydroxybutyrat
  = Gamma-Hydroxybuttersäure
  = 4-Hydroxybutansäure
  = Gamma-Hydroxybutyrat
  = Oxybat/Natriumoxybat
  = Anetamin
  = Natrii oxybas

GHB ist ein Metabolit (Stoffwechselprodukt) des im zentralen Nervensystem dämpfend wirkenden Neurotransmitters GABA (Gamma-Aminobuttersäure) und befindet sich auch selbst als eigenständiger Neurotransmitter im menschlichen Körper. GABA kann die Blut-Hirn-Schranke sehr schlecht passieren, das heißt, wird einem Patienten GABA intravenös injiziert, erreicht nur ein ganz geringfügiger Teil der injizierten Substanz das Gehirn, der größte Teil hingegen wird im Urin ausgeschieden. 3 * Der Erfinder von GHB, Camille-Georges Wermuth, ersetzte die Amino-Gruppe des GABA-Moleküls durch eine Hydroxy-Gruppe und machte so das Molekül (GHB) für die Blut-Hirn-Schranke passierbar. Was seinerzeit nicht bekannt war, ist die Tatsache, dass GHB ebenso wie GABA im menschlichen Körper existent ist und eine eigenständige Transmitterfunktion ausübt. Das synthetisch hergestellte GHB und das natürliche im menschlichen Organismus gefundene GHB sind identisch gleich. GHB wurde somit erst erfunden und erst danach als natürliche Substanz entdeckt. 4 *

Bis Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts nahm man an, dass GHB seine Wirkung fast ausschließlich an GABAB-Rezeptoren entfaltet. Erst um die Jahrtausendwende wurde ein eigener GHB-Rezeptor entdeckt. 5 * GHB aktiviert bereits in niedriger Dosierung den GHB-Rezeptor und bewirkt so einen stimulierenden Effekt auf den Konsumenten. Bei steigender GHB-Dosis nimmt jedoch auch die Affinität zum GABAB-Rezeptor zu, welcher bei Aktivierung sedierend wirkt und gleichzeitig die Wirkung des GHB-Rezeptors unterdrückt. Hieraus wird das Phänomen erklärbar, das Leute in einen tiefen Schlaf gleiten und nach einiger Zeit (meist 1 bis 3 Stunden) spontan aufwachen oder sogar plötzlich hochschrecken: der Agonismus an den GABAB-Rezeptoren sediert so lange bis die Konzentration von GHB so niedrig ist, dass der Agonismus am GHB-Rezeptor deutlich überwiegt und es zur starken Stimulierung (d.h. plötzliches Aufwachen) kommt. 6 *

Das Arzneimittel GHB gilt als relativ gut verträglich. Als nachteilig wird jedoch das häufige Auftreten von Myoklonien (kurze ruckartige Zuckungen einzelner Muskeln) und Erbrechen, das gelegentliche Auftreten von metabolischer Azidose (Störung im Säure-Basen-Haushalt mit Abfall des aktuellen Bicarbonatpegels) und Hypokaliämie (Elektrolytstörung mit Erniedrigung des Kaliumpegels) sowie in Einzelfällen unkalkulierbar lange klinische Wirkdauer beschrieben. Aufgrund dieser im Vergleich zu anderen Injektionsnarkotika schlechteren Steuerbarkeit hat GHB als Narkosemittel zugunsten neuerer Anästhetika und Sedativa immer mehr an Bedeutung verloren und wird in Deutschland nur noch selten verwendet. In Italien beispielsweise erlebte GHB hingegen in letzter Zeit eine gewisse Renaissance zur Behandlung der Narkolepsie (Störung der Schlaf- und Wach-Rhythmik) und des Alkoholentzugsyndroms sowie auch zur Therapie der Opiatabhängigkeit. Im Jahr 2002 wurde GHB in den USA, 2005 in der EU 7 * und 2006 in der Schweiz 8 * als Medikament zur symptomatischen Behandlung der Narkolepsie 9 * zugelassen. In aktuellen Studien (an Ratten) wird darüber hinaus ein möglicher Stellenwert von GHB bei der Therapie der Kokainabhängigkeit diskutiert. 10 *

GHB wird, da es in der Technoszene zur Stimmungsaufhellung und Luststeigerung als Flüssigkeit oral eingenommen wird, auch "Liquid Ecstasy" genannt, obwohl es in keiner Art und Weise mit Ecstasy (MDMA) verwandt ist, weder chemisch noch von der Wirkungsweise her.

GHB bewirkt eine Stimulierung der Wachstumshormone und begünstigt den Fettstoffwechsel. Deshalb wird GHB im Kreise der Bodybuilder als Aufbausubstanz eingenommen, insbesondere weil GHB weitaus weniger unerwünschte Nebenwirkungen hat als die üblichen Anabolika, die durch Erzielung einer positiven Stickstoffbilanz im Stoffwechsel Wachstumsprozesse beschleunigen, bei Männern jedoch nicht selten zu einer Hodenatrophie (Hodenschrumpfung) führen. 11 *

GHB wird innerhalb von wenigen Stunden vollständig metabolisiert und größtenteils als CO2 (Kohlenstoffdioxyd) abgeatmet, der Rest wird als Wasser mit dem Urin ausgeschieden. Nur ein sehr geringfügiger Teil der Substanz gelangt unverändert über die Nieren in den Urin. Aus diesem Grund ist ein forensischer (gerichtsmedizinischer) Nachweis im Urin fast unmöglich. 12 *



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1
F. Buchard, H. Laborit, A. Kind, B. Weber: Emploi du 4-hydroxybutyrate de Na en anesthésie et en réanimation, in: Agressologie, 1960, I, 5, S. 549-560
2
Henri Laborit, Fabrice Rouleau: L'Alchimie de la Découverte, ed. Grasset, Paris 1982 Das Kapitel betreffend die Entdeckung von GHB ist (in französischer Sprache) online im Internet verfügbar:

https://www.abebooks.fr/rechercher-livre/titre/decouverte-alchimie/
3
Henri Laborit: Sodium 4-hydroxybutyrate, in: Int J Neuropharmacol. 1964, S. 433-452
4
S. Bessman, W. Fishbein: Gamma-hydroxybutyrate – A new metabolite in the brain, in: Fed Proc. 1963, No. 22, S 334
5
Snead OC 3rd.: Evidence for a G protein-coupled gamma-hydroxybutyric acid receptor, J Neurochem. 2000 Nov;75(5):1986-96
http://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/11032888

Mason, P.E. & Kerns, W.P: Gamma hydroxybutyric acid (GHB) intoxication. Academic emergency medicine official journal of the Society for Academic Emergency Medicine 9, 730-739 (2002)
http://emed.chris-barton.com/PDF/GHB%20Intoxication.pdf
6
Drugs-Forum: GHB & GBL Infos

http://www.drugs-forum.com/forum/showthread.php?t=57248
7
Deutsche Apotheker Zeitung 2/2006: Narkolepsie: Natriumoxybat reduziert kataplektische Anfälle

https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2006/daz-2-2006/uid-15241
8
Swissmedic/Schweizerisches Heilmittelinstitut: Xyrem, Lösung zum Einnehmen (Natriumoxybat), am 9. Juni 2006 wurde Xyrem Lösung (Natriumoxybat, chem. -Hydroxybutyrat) zugelassen.

https://www.swissmedic.ch/dam/swissmedic/fr/dokumente/stab/journal/swissmedic_journal062006.pdf.down load.pdf/swissmedic_journal062006.pdf
9
European Commission: Community register of medicinal products for human use: Sodium oxybate (Xyrem)

https://ec.europa.eu/health/documents/community-register/2005/2005101310028/anx_10028_de.pdf
10
Ernst Pallenbach: Der Horrortrip aus der Plastikflasche. Wirkungen und Gefahren der neuen Partydroge "Liquid Ecstasy", in: Deutsche Apotheker Zeitung vom 28.10.1999, 139 Jahrgang, Nr. 43, S. 58-63
11
J. Takahara, S. Yunoki, W. Yakushiji, J. Yamauchi, J. Yamane, T. Ofuji: Stimulatory effects of gamma-hydroxybutyric acid on growth hormone and prolactin release in humans, in: J Clin Endocrinal Metab 1977, 44, S. 1014
12
P. Palatini, L. Tedeschi, G. Frison, R. Padrini, R. Orlando, L. Gallimberti: Dose-dependent absorption and elemination og gamma-hydroxybutyric acid in healthy volunteers, in: Eur. Journal Clin Parmacol 1993, 45, S. 353-356