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Drogen, Politik und Polizei |
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3. Erstauffällige KonsumentenIn den Kriminalstatistiken der Bundesländer wie auch in der Kriminalstatistik des Bundeskriminalamtes (BKA) als auch im Rauschgiftjahresbericht des BKA werden Jahr für Jahr die Personen, die den Strafverfolgungsbehörden in Verbindung mit dem Konsum von Heroin, Kokain, Amphetamin, Ecstasy, LSD und sonstigen Substanzen außer Cannabis erstmalig bekannt werden, in der Rubrik "Erstauffällige Konsumenten harter Drogen" (EKhD) statistisch erfaßt. Es handelt sich hierbei nicht zwangsläufig um Drogenabhängige, sondern auch um Gelegenheitskonsumenten und Probierer. Vom juristischen Standpunkt aus betrachtet ist die Auflistung von Amphetamin und Ecstasy in der Kategorie "harte Drogen"
nicht statthaft, weil diese Einstufung nicht der Rechtsprechung entspricht. Den Ausgangspunkt für die rechtliche Bewertung der
spezifischen Gefährlichkeitspotentiale einzelner Amphetaminderivate wie MDMA, MDE oder MBDB bildet ein Grundsatzurteil des Bundesgerichtshofes
(BGH) vom 9. Oktober 1996 34 zum Begriff der sogenannten "nicht geringen Menge" bei MDE. Dort heißt es, daß die Amphetaminderivate
"unter Gefährlichkeitsaspekten dem Amphetamin nicht gleichzustellen" seien, sie müßten aber "bei wertender Betrachtung doch immerhin
als annähernd so gefährlich wie Amphetamin eingestuft werden." Somit hat das höchste deutsche Strafgericht eine gestufte Gefährlichkeitsskala
entwickelt, der ein zunehmendes Gefahrenpotential in der Reihenfolge
zugrunde liegt. Diese Skala ist zudem geeignet, im Rahmen der von der Rechtsprechung vorgenommenen Klassifizierung "harter" und "weicher" Drogen zur Orientierung beizutragen. Hinsichtlich des reinen Amphetamins hat der Bundesgerichtshof (BGH) seine 1990 begründete Rechtsprechung, 35 der zufolge es sich "bei der Droge Amphetamin, die auf der Schwereskala der Gefährlichkeit von Betäubungsmitteln nur einen mittleren Platz" einnehme, um "keine harte Droge" handle, noch einmal am 30. Oktober 1996 bestätigt. 36 In dieser Bestätigung führte der BGH aus, daß die strafverschärfende Erwägung, es handle sich bei Amphetamin um eine "harte" Droge, rechtsfehlerhaft sei. Zuvor stellte bereits das Oberlandesgericht Karlsruhe in einem Bescheid vom 23. Februar 1996 fest, daß Amphetamin der Gruppe der sogenannten "weichen Droge" zuzuordnen sei. 37 Die Einordnung von Amphetamin und Ecstasy in die Gruppe der "harten Drogen" mag vielleicht in die drogenpolitische Dramatisierungsrhetorik des BKA passen, ist jedoch rechtsfehlerhaft und daher muß Amphetamin (wie auch Ecstasy) der Rechtslogik folgend anders eingeordnet werden.
3.1. Erstauffällige EcstasykonsumentenDie Zahl der registrierten erstauffälligen Ecstasykonsumenten erhöhte sich von 3.170 im Jahr 1999 auf 5.495 im Jahr 2000. Dies entspricht einer Zunahme von 73,3% innert Jahresfrist. Im Vergleich zu 1998 betrugt die Zunahme sogar 94,2%. Da die Zahl der Ecstasykonsumenten in den letzten zwei Jahren des letzten Jahrtausends absolut stabil geblieben war und nicht zugenommen hatte, muß daraus gefolgert werden, daß die Polizei im Bereich Ecstasy die Fahndungsintensität (Repression) innerhalb der letzten beiden Jahren des letzten Jahrtausends nahezu verdoppelt hatte. Auch zum Beginn des neuen Jahrtausends nahm die Repression weiter zu, vom Jahr 2000 zum Jahr 2001 um 11%. [Siehe Graphik 16] Von 1993 bis 2002 registrierte das BKA 32.932 erstauffällige Ecstasykonsumenten. Damit waren der Polizei 6,6% der
geschätzten 500.000 Ecstasykonsumenten bekannt. Im Jahr 2002 (2001) registrierte die Polizei 4.737 (6.097) Ecstasykonsumenten erstmalig
als solche. Das waren 0,9% (1,2%) der aktuell Konsumierenden. Das heißt mit anderen Worten ausgedrückt, daß die Polizei ihr Hellfeld
im Bereich der Ecstasykonsumenten im letzten Jahr um 17% (im vorletzten Jahr um 28%) erweitern konnte und das Dunkelfeld nur noch 93,4%
ausmacht. Graphik 16: Erstauffällige Ecstasykonsumenten Das Risiko, als erstauffälliger Ecstasykonsument polizeilich erfaßt zu werden, ist im Alter von 18 bis 20 Jahren am größten. 40,3% aller erfaßten Fälle entfielen im Jahr 2000 auf diese Altersgruppe, obwohl nur etwa 25% bis 28% der geschätzten 500.000 Ecstasykonsumenten auf diese Altersgruppe entfallen. Für diese Altersgruppe ist somit das Risiko erstmalig erwischt und erfaßt zu werden, etwa um die Hälfte größer als im Durchschnitt.
3.2. Erstauffällige LSD-KonsumentenNachdem von 1997 bis 1999 die Zahl der registrierten erstauffälligen LSD-Konsumenten um 45,6% zurückgegangen war, nahm sie im Jahr 2000 wieder leicht zu (+4,3%). In den beiden folgenden Jahren war die Zahl dann wieder merklich rückläufig. Von 2000 zu 2001 nahm sie um 28,7% ab, von 2001 zu 2002 sogar um 58,3%. Von 1997 bis 2002 nahm die Zahl der jährlich registrierten erstauffälligen LSD-Konsumenten um 83,1% oder etwa mehr als um 4/5 ab. [Siehe Graphik 17] Im Gegensatz zu den Ecstasykonsumenten, die erst ab 1993 separat gezählt und statistisch erfaßt wurden, sind die
LSD-Konsumenten bereits ab 1990 in der Statistik extra ausgewiesen worden. Von 1990 bis 2002 registrierte das BKA insgesamt 7.789
LSD-Konsumenten neu. Das waren 3,1% der geschätzten 250.000 LSD-Konsumenten. Mit 229 neu registrierten Personen wurden im Jahr 2002
etwa 0,1% der LSD-Konsumenten zusätzlich erfaßt. Das derzeitige Hellfeld der Polizei im Bereich der LSD-Konsumenten erreichte somit
letztes Jahr 3,1% – das Dunkelfeld umfaßte somit 96,9% – und die Wahrscheinlichkeit im Kreise der LSD-Liebhaber als (polizeilich nicht
bekannte) Konsumenten erstmalig aufzufallen, war letztes Jahr etwa zehnmal geringer als im Kreise der Ecstasykonsumenten. Ecstasy: Wahrscheinlichkeit:
0,95%, LSD: Wahrscheinlichkeit: 0,092%. Graphik 17: Erstauffällige LSD-Konsumenten
3.3. Erstauffällige Zauberpilz-KonsumentenEs gibt keine amtlichen Angaben zur Zahl der erstauffälligen Zauberpilz-Konsumenten, da die psychoaktiven Pilze in den polizeilichen Statistiken nicht als "harte" Drogen klassifiziert werden. Aufgrund der sichergestellten Mengen und der Zahl der Fälle von Sicherstellungen (Beschlagnahmungen) in den Jahren 2001 und 2002 muß etwa von einer Zahl ausgegangen werden, die zwischen vier- und fünfmal so groß ist wie die Zahl der erstauffälligen LSD-Konsumenten. Grob geschätzt wären das etwa 1.000 pro Jahr.
3.4. Erstauffällige AmphetaminkonsumentenDie Zahl der registrierten erstauffälligen Amphetaminkonsumenten blieb in den letzten Jahren relativ konstant, sie nahm von 1999 bis 2000 nur geringfügig um 2,4% zu, von 2000 bis 2001 dann wieder geringfügig um 0,9% ab und von 2001 bis 2992 wiederum um 7,0% zu. [Siehe Graphik 18] Von 1990 bis 2002 registrierte das BKA 52.872 Amphetaminkonsumenten neu, entsprechend einer Quote von 7,0% der geschätzten
Zahl von 750.000 Amphetaminkonsumenten. Mit der Erfassung von weiteren 0,9% im Jahr 2002 erweiterte sich somit das polizeiliche Hellfeld
auf etwa 7,0% – das Dunkelfeld umfaßte demzufolge somit Ende 2002 noch etwa 93,0%. Die erfaßten erstauffälligen Amphetaminkonsumenten
aus den 80er Jahren wurden in dieser Rechnung nicht berücksichtigt, da davon auszugehen ist, daß ein Großteil derselben heute zu den
ehemaligen Konsumenten zählt und aktuell nicht mehr regelmäßig konsumiert. Die Wahrscheinlichkeit erstmalig von der Polizei als Konsument
entdeckt zu werden, war somit letztes Jahr für ein Speed-Gebraucher etwa zehnmal so groß wie für einen LSD-Liebhaber und etwa gleich
groß wie für einen Genießer von Ecstasy. Graphik 18: Erstauffällige Amphetamin-Konsumenten
3.5. Erstauffällige KokainkonsumentenDie Zahl der registrierten erstauffälligen Kokainkonsumenten nahm von 1999 bis 2001 stetig ab und erst im Jahr 2002 nahm dann die Zahl wieder geringfügig zu, obwohl die Zahl der Kokainkonsumenten seit Jahren stetig im Steigen begriffen ist. Da der Konsum von Kokain vor allem in gutbürgerlichen Kreisen der Geschäftswelt und der Politik praktiziert wird, ist wohl im allgemeinen die Hemmschwelle für einen polizeilichen Zugriff höher als bei Jugendlichen, die im Schulhof eine Tüte rauchen oder bei jungen Ravern, die auf der Fahrt zu einem Techno-Festival sind. [Siehe Graphik 19] Die folgende Tabelle zeigt die Zahlen der polizeilich erfaßten erstauffälligen Kokainkonsumenten in den Jahren 1997 bis 2002.
Die Wahrscheinlichkeit als Kokainkonsument im Jahr 2002 von der Polizei erstmalig entdeckt zu werden, lag bezogen
auf die geschätzten 800.000 Kokainkonsumenten bei 0,6% etwa 30% unterhalb der bei den Amphetamin- oder Ecstasykonsumenten festgestellten
Risikoschwelle. Das polizeiliche Hellfeld im Bereich der Kokainkonsumenten lag 2002 bei etwa 6,8% (seit 1990 zählte die Polizei 54.730
erstauffällige Kokainkonsumenten) und erhöhte sich im Jahr 2002 um etwa 0,6%. Das Dunkelfeld umfaßte somit Ende 2002 noch etwa 92,2%.
Die erfaßten erstauffälligen Amphetaminkonsumenten aus den 80er Jahren wurden in dieser Rechnung nicht berücksichtigt. Graphik 19: Erstauffällige Kokainkonsumenten
3.6. Erstauffällige CannabiskonsumentenObwohl die Zahl der erstauffälligen Konsumenten von Marihuana und Haschisch in der polizeilichen Kriminalstatistik nicht aufgeführt wird, kann diese aufgrund der allgemeinen Datenlage recht präzise abgeschätzt werden. Im Jahr 2000 wurden etwa 55.000 Ersttäter im Zusammenhang mit ausschließlich Marihuana und/oder Haschisch betreffende Delikte polizeilich registriert. Im Jahr 2002 waren es knapp 60.000. In diesen Zahlen sind die Tatverdächtigen betreffend illegaler Einfuhr von Cannabisprodukten in nicht geringen Mengen nicht enthalten. Die Wahrscheinlichkeit als Konsument von Marihuana und/oder Haschisch von der Polizei erstmalig entdeckt zu werden, lag im Jahr 2000 bezogen auf die seinerzeit geschätzten 3.000.000 Kiffer in Deutschland bei 1,8%, im Jahr 2002 bezogen auf die derzeit geschätzte Zahl der Kiffer von 3.500.000 lag die Wahrscheinlichkeit bei 1,7%. Somit ist das Risiko, sich wegen des Rauchens von Marihuana und/oder Haschisch (sowie des Besitzes, Erwerbs, Handels und Schmuggels) erstmalig Ärger mit der Polizei und der Justiz einzuhandeln, wesentlich größer als wegen des Konsums (sowie des Besitzes, Erwerbs, Handels und Schmuggels) von Ecstasy, LSD, Amphetamin oder Kokain. Erwähnenswert ist hier noch die Tatsache, daß die Mehrheit der von der Polizei registrierten Delikte im Bereich der allgemeinen Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz (Erwerb und Besitz) wie auch beim Handel und Schmuggel illegalisierter Drogen von Wiederholungstätern begangen wurden. So wurden im Zusammenhang mit Cannabis im Jahr 2000 etwa 65.000 Wiederholungstäter und im Jahr 2002 etwa 75.000 Wiederholungstäter polizeilich erfaßt. Somit lag das Risiko im Wiederholungsfall nicht mehr nur bei 1,8% (Jahr 2000) respektive 1,7% (Jahr 2002) wie bei den erstauffälligen Cannabiskonsumenten, sondern bei 2,2% (Jahr 2000) respektive bei 2,1% (Jahr 2002). Allgemeine Verstöße (konsumbezogene Delikte) sowie Handel und Schmuggel werden vorwiegend von Konsumenten getätigt, die Einfuhr "von nicht geringen Mengen" jedoch oft auch von Nichtkonsumenten. Ohne Einfuhr von "nicht geringen Mengen" entfielen auf 100 Kiffer durchschnittlich 3,9 von der Polizei erfaßten Delikte im Zusammenhang mit Cannabis. Bei Ecstasy lag die entsprechende Zahl im Jahr 2002 bei 2,9, bei Amphetamin bei 1,9, bei Kokain bei 2,9 und bei LSD bei 0,2.
3.7. Risiko für Konsumenten illegalisierter Drogen erstauffällig zu werden
Die Repression der Polizei gegenüber den Konsumenten verschiedener Drogen ist signifikant unterschiedlich ausgeprägt. Die Wahrscheinlichkeit als Haschisch- oder Grasraucher erstauffällig zu werden ist etwa doppelt so groß wie für Ecstasy- oder Amphetaminkonsumenten und etwa dreimal so groß wie für Kokainkonsumenten. Die Intensität der Repression orientiert sich offensichtlich nicht am Grad der Gefährlichkeit der einzelnen Substanzen.
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