DrogenGenussKultur |
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DrogenGenussKultur |
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Das Weltkulturerbe Psychonautik |
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2.4. Das durch die Konvention geschützte immaterielle KulturerbeDas durch die Konvention geschützte immaterielle Kulturerbe
Seit geraumer Zeit werden psychonautische Riten nicht selten im Rahmen von Partys zelebriert. Dies war bei den Festlichkeiten auf dem Monte Verità über Ascona am Lago Maggiore im Kanton Tessin in den ersten beiden Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts ebenso der Fall wie bei den von den Hippies veranstalteten Partys in den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts wie auch bei den derzeit im Umfeld der Techno- und Trance-Bewegung organisierten Partys. Die Partys bilden einen Rahmen für eine Erhöhung der Lebensfreude durch Tanz, Ekstase und andere Lustbarkeiten. Diese Kunst des Feierns mit dem Aspekt der Erreichung außergewöhnlicher Bewusstseinszustände wird von einer Generation an die nächste weitergegeben und wird von Gemeinschaften und Gruppen in Auseinandersetzung mit ihrer Umwelt, ihrer Interaktion mit der Natur und ihrer Geschichte ständig neu geschaffen. Goa-Partys beispielsweise vermitteln den Teilnehmenden ein Gefühl von Zugehörigkeit und Kontinuität und tragen zur Förderung des Respekts vor der kulturellen Vielfalt und der menschlichen Kreativität bei. Das Leitmotiv der Menschenrechte, das in Artikel 4 der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte am 26. August 1789 festgeschrieben wurde, lautet: »Die Freiheit besteht darin, alles tun zu dürfen, was einem anderen nicht schadet: Die Ausübung der natürlichen Rechte eines jeden Menschen hat also nur die Grenzen, die den anderen Mitgliedern der Gesellschaft den Genuss eben dieser Rechte sichern.« Das heißt, in der Formulierung von Georg Büchner ausgedrückt: »Jeder muss in seiner Art genießen können, jedoch so, dass keiner auf Unkosten eines andern genießen oder ihn in seinem eigentümlichen Genuss stören darf.« Partys, die einen sicheren Rahmen für psychonautische Riten bieten, stehen somit im Einklang mit den Grundlagen der Menschenrechte, da bei diesen Riten kein Dritter zu Schaden kommt. Zudem sind solche Partys Elemente einer Strategie nachhaltiger Entwicklung, da die Erweiterung des Bewusstseins mittels Einnahme psychotrop wirkender Substanzen im Partykontext im allgemeinen auf der Zielsetzung der wechselseitigen Achtung zwischen Gemeinschaften, Gruppen und Individuen basiert. Goa- und Trance-Partys beispielsweise erfüllen alle Kriterien, die in der UNESCO-Konvention genannt werden, damit etwas als immaterielles Kulturerbe klassifiziert werden kann.
2.5. Ziele des ÜbereinkommensZiele des Übereinkommens sind
Die wichtigsten pharmakologischen Auslöser außergewöhnlicher Bewusstseinszustände sind die sogenannten entheogenen Drogen, gefolgt von den entaktogenen Drogen. Entheogene Drogen sind Substanzen, die das Göttliche in einem entstehen und gewahr werden lassen. Der Begriff entheogen ist aus den drei griechischen Wörtern en (innen), theós (Gott, Gottheit) und gen (generieren, erzeugen) zusammengesetzt. Zu den wirksamsten entheogenen Substanzen zählen die auch als Halluzinogene bezeichneten Indolderivate LSD (Lysergsäurediethylamid), DMT (Dimethyltryptamin), DET (Diethyltriptamin) und Psilocybin wie auch die Phenethylamine Meskalin und 2C-B. Als entaktogene Drogen bezeichnet man Substanzen, die das innere Gefühl und Empfinden steigern. Der Begriff ist von dem lateinischen Wort für Berührung, Tastsinn und Gefühl, tactus abgeleitet. Zu den klassischen entaktogenen Substanzen zählen die drei Methylendioxyamphetamine MDMA (Ecstasy), MDE (Eve) und MBDB (Eden), wobei MDMA wegen seiner speziellen Wirkung auch als empathische Droge, also als eine Droge, die Bereitschaft und Fähigkeit fördert, sich in die Einstellung anderer Menschen einzufühlen, bezeichnet wird. Die Einnahme von Substanzen zum Herbeiführen von außergewöhnlichen Bewusstseinszuständen erfolgt meistens gemäß alten Traditionen in ritualisierter Form. Ein willkürliches Einnehmen dieser Substanzen ohne Sinn und Verstand kann zu erheblichen individuellen und sozialen Problemen führen. Psychonautische Riten, angeleitet von erfahrenen Psychonautikern, mindern die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Problemen und dienen somit dem physischen und psychischen Gesundheitsschutz. Deshalb gilt es, das immaterielle Kulturerbe der psychonautischen Riten zu bewahren und den Gemeinschaften, Gruppen und Individuen, die diese Riten zelebrieren, den nötigen Respekt der Gesellschaft zu sichern und das allgemeine Bewusstsein für die Bedeutung dieser Riten zu fördern, damit die Wertschätzung dieser Riten auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene nicht mehr von einem einseitigen rein materialistischen Gedankengut getrübt wird.
2.6. Überlieferung des psychonautischen WeltkulturerbesDas psychonautische Kulturerbe wird im allgemeinen von Mensch zu Mensch bei einer persönlichen Begegnung im Rahmen spezieller Riten weitergegeben. Wesentliche Elemente der psychonautischen Kultur werden somit mündlich überliefert. Drogenkompetenz erlangt man somit nicht nur durch Aneignung von Fachwissen über die Wirkungsweisen verschiedener Substanzen, sondern vor allem durch die Einbindung dieses Wissens in die Gestaltung der eigenen Konsummuster zur Heraus- und Weiterbildung der individuellen Genusskultur. Ohne diesen Lernprozess und ohne ausgeprägte Kultur des Genießens, das heißt ohne Drogenkompetenz, ist ein unproblematischer Konsum verschiedenster psychotroper Substanzen auf Dauer kaum oder gar nicht realisierbar. Der erste Schritt zur Erlangung dieser Drogenkompetenz ist die Aneignung von Fachwissen über psychoaktive Substanzen. Ein solches Fachwissen ist auch in Büchern dargestellt und kann durch Lesen erlernt werden. Die öffentlich geschürte Angst vor psychotrop wirkenden Substanzen sitzt tief verankert im Bewusstsein vieler potentieller und praktizierender Drogengebraucher und ist somit oftmals ein nicht unbedeutender negativer Faktor im persönlichen Set. Diese Angst steht diametral dem unabdingbaren Wunsch gegenüber, mittels psychotrop wirkender Substanzen transzendentale Bewusstseinserfahrungen zu erleben. Es sind also nicht so sehr medizinische Gründe, die die Angst vor diesen Substanzen verursachen, sondern vielmehr die von der Gesellschaft auf das Individuum übertragene Angst, dass bei der Durchbrechung des Seelenpanzers Inhalte zum Vorschein kommen könnten, die unbekannt, respektive unvertraut sind und die das Bewährte und Selbstverständliche im eigenen Selbst in Frage stellen könnten. Der Ursprung dieses Angstszenarios liegt in der Tatsache begründet, dass mit dem Gebrauch von Rauschmitteln Bewusstseinszustände so verändert werden können, dass durch Variationen des bewussten Erlebens neue Einblicke in nicht alltägliche Wirklichkeiten und damit in andere Dimensionen von Erfahrungen eröffnet werden. Die Suche nach diesen Risikofaktoren im oben bezeichneten Bereich und die Versuche ihrer Vermeidung gehören mit zum Pflichtprogramm zur Erlangung von Drogenkompetenz. Hierbei spielt die Reflexion persönlicher Drogenerfahrungen eine zentrale Rolle. Erfahrungen aus der Technokultur belegen, dass Technopartys ein äußerst beliebtes und oft genutztes Setting für die Einnahme psychotrop wirkender Substanzen sind. Dies liegt einerseits an der intensiven Gruppendynamik, die sich auf einem Dancefloor entwickelt und in der man sich geradezu laben kann, anderseits am Gefühl der Geborgenheit, das durch gemeinsames Erleben ekstatischer Zustände vermittelt wird. Störungen in dem subtilen Gefüge des Partysettings können nachhaltige negative Auswirkungen auf einzelne an der Party teilnehmende Personen verursachen, wobei es hierbei völlig belanglos ist, ob die Personen im Augenblick der Störung nüchtern oder unter Einwirkung bestimmter Drogen sind. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass Menschen, die sich über Stunden hinweg in Trance und Ekstase (hinein) tanzen, äußerst sensibel und verletzlich sind. Das heißt, dass präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Störungen im Kontext von Technopartys nicht nur im Wohlergehen von Drogengebrauchern begründet sind, sondern zum Wohl aller getroffen werden müssen. Das Problem besteht nun aber darin, dass ein solcher kollektiver genussorientierter Drogenkonsum gemeinsam erlernt werden muss und dass eben dieser Lernprozess unter den Bedingungen der Illegalität deutlich erschwert wird. Illegalität und Strafverfolgung sabotieren die Heraus- und Weiterbildung von soziokulturellen Regelwerken zur Erlangung von Drogenkompetenz, zerstören systematisch Konsumentengemeinschaften und verhindern nicht selten die Weitergabe von Erfahrungswissen. Zur Erlangung von Drogenkompetenz und Drogenmündigkeit gehört somit nicht nur das Studium von Drug, Set und Setting, sondern vor allem auch politische Arbeit und Engagement in Hinblick auf eine Neuregelung der Drogengesetzgebung, um den Drogenkonsum frei von Repression und gesellschaftlich integriert so unproblematisch wie möglich gestalten zu können, da die Art und das Ausmaß der Probleme, die aus verschiedenen Konsummustern entstehen können, vor allem auch vom Grad der Integration von Drogen in der Gesellschaft abhängig sind. Je informierter und offener mit Drogen und Drogenkonsum umgegangen wird, desto eher können informelle Reaktionen im Konsumenten- und Freundeskreis, in der Familie oder am Arbeitsplatz greifen und vor den potentiell immer möglichen negativen Auswirkungen von Drogenkonsum bewahren. Drogenkonsum ist nicht grundsätzlich ein Problem, dem entgegengewirkt werden muss, sondern der Konsum psychotrop wirkender Substanzen ist als Phänomen wahrzunehmen, das unter bestimmten Voraussetzungen in die Lebenswirklichkeiten der Menschen integrierbar ist und dort einen berechtigten Platz haben kann. Voraussetzungen hierfür sind Drogenkompetenz als Basis eines autonom kontrollierten, sozial integrierten und vor allem genussorientierten Konsums sowie Drogenmündigkeit als Ausgangspunkt von Wert- und Handlungskriterien zur Partizipation von Drogenkonsumenten am Kultur- und Gesellschaftsleben. Zu den Bewahrern des psychonautischen Weltkulturerbes zählen nebst den echten Schamanen und Zeremonienmeistern, die dieses Kulturgut persönlich übermitteln, ein paar wenige Fachverlage wie beispielsweise der Nachtschatten Verlag in Solothurn, der AT Verlag in Baden und der Verlag Werner Piepers MedienXperimente (Der Grüne Zweig; Die Grüne Kraft) in Löhrbach, die Informationen zur psychonautischen Kultur aus erster Hand veröffentlichen und somit allgemein zugänglich machen. In den Veröffentlichungen wird durch die Beschreibung der Kulturformen somit das Wissen um dieses Erbe in schriftlicher Form festgehalten und für nachfolgende Generationen erhalten. Dies kann die Lebensfähigkeit des immateriellen psychonautischen Kulturerbes zwar unterstützen, jedoch nur im begrenzten Ausmaß, da zur Lebensfähigkeit dieses Erbes eben auch die Praxis gehört.
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