Kaffe und Tabak aus kultur- und Sozialgeschichtlicher Sicht

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5. Die zeitlichen Faktoren zu Beginn der Neuzeit

5.1. Grundlegende Entwicklungen

Dem Zeitraum, dem die Betrachtung der Drogen Kaffee und Tabak gewidmet ist, gingen weitreichende und einschneidende Prozesse voraus, welche die nachfolgenden Epochen und die jetzige "moderne Welt" entschieden und nachhaltig prägten. Sie waren zu einem großen Teil dafür verantwortlich, daß diese zwei Substanzen in Europa auf einen fruchtbaren Boden stießen und dafür, daß sie überhaupt zu eben dieser Zeit bekannt und verfügbar wurden.

Auch für den Umgang mit den Drogen hatten diese vorausgehenden gesellschaftlichen Prozesse große Bedeutung, vollzogen sich doch Veränderungen sowohl auf der psychologischen als auch auf der sozialen Ebene. Die daraus entstandenen Faktoren sind zu einem großen Teil heute noch aktiv und machen den Rückblick umso interessanter und nutzvoller.

Die historische Betrachtung soll nicht an Einzelereignissen in Form einer geschichtlichen Aufzählung festgemacht werden, sondern die zugrundeliegenden Prozesse und deren Interpretation, deren Folge die Ereignisse sind, sollen hier im Zentrum des Blickfeldes stehen. Die Betrachtung der Geschichte erfolgt großflächig aus verschiedenen Blickwinkeln (Kirchengeschichte, Rechtsgeschichte, Wissenschaftsgeschichte, Kulturgeschichte).

Von der Mitte des 15. Jahrhunderts an bis ins 16. Jahrhundert hinein vollzog sich einer der größten gesellschaftlichen Umbrüche in der Geschichte des Abendlandes. Die Geschichtswissenschaft spricht allgemein davon, daß in dieser Zeit das Mittelalter zu Ende ging und das, was wir Neuzeit nennen, begann. Ein solch immenser Einschnitt hat sich seitdem nicht wieder ereignet, die Grundlagen der heutigen Sozialordnung und Weltstruktur wurden damals geschaffen.

Der Blick in die Tiefe soll das verdeutlichen, bevor wir näher zum Kaffee und Tabak kommen.

Dem Ganzen lag eine Veränderung der Wahrnehmung, Sichtweise und kommunikativen Möglichkeiten unserer Vorfahren zugrunde. Mit der Entwicklung des Buchdrucks wurde der Grundstein dazu gelegt. Als Johann Gutenberg um 1450 in Mainz das erste Mal mit beweglichen Lettern druckte, gab er vielen Menschen urplötzlich die Möglichkeit, mit einer großen Menge Schrift als Kommunikationsmittel umzugehen. Vorher kommunizierte man zwar auch schon mittels der Schrift, doch das Bild stand als Kommunikationsmittel im Vordergrund. Das Bild war zwar auch schwer herstellbar, doch für jeden sicht- und entschlüsselbar. Das Mittelalter war in seiner Religiösität, die alles dominierte, ganz dem Bild verpflichtet, das an sich einen stark magischen Charakter in sich trägt.

In dem Wandel der Religion hin zum Bezug auf das geschriebene Wort und den "alleinigen Glauben" des Menschen ohne nötige äußere Gebärden, wie es auch Martin Luther und die anderen Reformatoren immer wieder betonten, schlug sich die vorhergenannte Erfindung des Buchdrucks nieder. Die Bewegung der Bilderstürmer in der Reformationszeit ist einer der krassesten Auswüchse der Tendenz vom Bild zur Schrift.

Gleichzeitig entstand im wirtschaftlichen Bereich der Frühkapitalismus als die Wirtschaftsform, die sich auf das Geschriebene, nämlich Zahlen und Bilanzen stützt. Durch den Kapitalismus kam natürlich auch das Leistungsdenken auf und die Wirtschaftlichkeit als das Maß aller diesseitigen Dinge. Beides hatte enormen Einfluß auf die Akzeptanz und Integration von Kaffee und Tabak. Mit dem Kapitalismus, dem aufstrebenden Bürgertum und den neuen kommunikativen Mitteln des gedruckten Buches entstanden die Grundlagen der heutigen modernen und analytisch orientierten Wissenschaften. Das rationale Denken und das Experiment wurden Hauptmittel des Erkenntnisgewinns. Descartes und Bacon seien hier als die wichtigsten Vertreter dieser Entwicklung genannt. 86 * Die Grenzen der bekannten Welt erweiterten sich nicht nur durch neue geografische Entdeckungen auf der Erde, sondern man drang auch in himmlische Sphären mit dem erwachenden wissenschaftlichen Bewußtsein vor. Kopernikus und Galilei erforschten neue kosmische Räume. Im Mittelalter wären diese Bestrebungen und Erkenntnisse noch undenkbar gewesen.

Abb. 10: Entmystifizierung des mittelalterlichen Weltbildes Stich aus dem 19.Jahrhunderts

 
Abb. 10: Entmystifizierung des mittelalterlichen Weltbildes Stich aus dem 19.Jahrhunderts

Diese wachsende Rationalität war verbunden mit einer Ablehnung des Rauschhaften und der mittelalterlichen Spiritualität. Gewissermaßen setzte eine Entzauberung der Welt ein, die ihren traurigen und extremsten Ausdruck in den Hexenverfolgungen fand.

Das gedruckte Wort und die Entwicklung der Wissenschaften brachten noch viel mehr mit sich: neue Formen der Untersuchung und Auseinandersetzung mit Themen. Behauptungen mußten sachlicher Überprüfung standhalten. Wissenschaftliche (doch auch andere) Auseinandersetzungen verliefen über Beweis und Gegenbeweis. Dabei spielte die Möglichkeit, seine Ansichten schnell schriftlich zu fixieren und in hoher Auflage zu verbreiten, eine große Rolle. Nicht umsonst entstand in der Reformationszeit das Medium Flugblatt – damals wie heute für die Mächtigen aus dem konservativen Lager eine außerordentlich suspekte Erfindung.

Man setzte sich auch stärker mit gesellschaftlichen Problemen, Verbesserungsmöglichkeiten und Utopien auseinander, da viele Menschen sich zunehmend als handelnde und gestaltende Wesen sahen. 87 * Der Mensch per se wurde sich also seiner selbst und seiner Kraft immer mehr bewußt. Nicht zufällig entstand um 1500 der Humanismus. Doch die Entwicklung jener Zeit hatte noch einen anderen Effekt. Die Erkenntnis der eigenen menschlichen Kraft und des eigenen Willens führte in Verbindung mit der Diesseitsbewahrung auch dazu, daß man den Genuß und die Lust am Leben verstärkt zuließ.

Das Rechtswesen erfuhr eine abrupte Änderung, zum Beispiel in Deutschland mit der "Peinlichen Halsgerichtsordnung" Karls V., die im Jahre 1532 in Kraft trat und das alte Sühnerecht vollständig beseitigte. 88 * Damit wurde der grundsätzliche Wirkmechanismus des Strafrechts zementiert, der bis heute gilt. Er lautet: Angst vor Strafe und Kontrolle sollen Verbrechen verhindern. Im Gegensatz dazu war das Sühnerecht von der Sorge um die Geschädigten oder Hinterbliebenen und deren Seelenheil geprägt. 89 * Selbstverständlich hielt man die neuen Regelungen in gedruckten Gesetzbüchern fest.

Sieht man das Ganze noch aus der Ebene der Gesellschaftsstruktur, kann man davon sprechen, daß eine bis dahin relativ statische, streng hierarchisch geregelte und formell gefügte Gesellschaftsordnung zerbrach und sich eine nie gekannte Dynamik durchsetzte. Dabei kam das alte Weltbild komplett ins Wanken, alte Strukturen (Zünfte, Glauben, Hierarchien) zerbrachen. Dies führte natürlich zunächst zu einer Situation, in der das Neue sich erst entwickeln und festigen mußte. Die Folge davon waren Verunsicherung und Neuorientierung der Menschen, aber auch Kriege und territoriale Neuordnungen. Die Unsicherheit wird in Europa die vielen gewaltsamen Auseinandersetzungen von der Reformation bis hin zum Dreißigjährigen Krieg belegt.

Die einsetzende Säkularisierung, die zunehmende Verstädterung und die immensen Fortschritte auf vielen Gebieten von Wissenschaft und Technik führten zu einer komplexeren und freieren Gesellschaft, in die Drogenkonsum und damit verbundene Verhaltensweisen schneller eindringen konnten. 90 *

 


5.2. Die zeitlichen Faktoren und ihre Bedeutung für die Integration des Kaffees und des Tabaks im 17./18. Jahrhundert

Viele Leser werden sich fragen, was eine so weitreichende und tiefgehende Erläuterung der Zeit im vorherigen Abschnitt für einen Sinn hat. Das will ich nun im Bezug auf unsere zwei Drogen erklären.

Dafür muß ich nochmals auf deren Wirkungen zurückkommen. Beide rufen in den üblichen Dosierungen ja keinen Rausch, wie etwa Alkohol oder andere psychotrope Substanzen hervor. Damit kamen sie dem Verlangen der Zeit nach Wachheit, Leistungsfähigkeit und der Ablehnung des Rauschhaft-Metaphysischen voll entgegen. In gewisser Weise ist der Erfolg des Kaffees in den arabischen Ländern aufgrund seiner Vereinbarkeit mit dem Koran vergleichbar mit seiner Begrüßung in Europa, wo er über die oben genannten Gründe hinaus der Sittlichkeit und dem "guten" Verhalten entsprach. Vor allem im Gegensatz zur Trunkenheit des Alkohols erschien der Kaffee positiv. So heißt es dazu auch im Jahre 1704:

"Aber bey dem alamodischen Wasser-Geträncke bliebe man fein nüchtern/ und also könnte man sich dabey in den Schrancken einer ehrbaren und Christlichen conduite und in Worten und Wercken desto besser aufführen." 91 *

Die stimulierende, wachmachende Wirkung des Kaffees verband sich gut mit Leistungsdenken, den aufkommenden Wissenschaften und der Wertschätzung des menschlichen Verstandes und des Denkens:

"Trincket sag ich Coffee: denn er machet einen behenden Verstand/ und beweget die Werckzeuge der Seele auffs fertigste" 92 *

Weil beim Kaffeegenuss Denkprozesse schneller ablaufen, Kombinations- und Reaktionsvermögen zunehmen und der Zustand der Wachheit intensiver erlebt wird, konnte der Kaffee die bisherigen Hauptgetränke Wein und Bier aus ihrer alten Vormachtstellung verdrängen. Die Tabakwirkung umschrieb man hingegen mit Worten, wie Ruhe, Behäbigkeit, Kontemplation und Konzentration, wohl aufgrund der eher lähmenden Nikotinwirkung.

Bei den Umbrüchen und Neuordnungen des 16. und 17. Jahrhunderts wundert es nicht, daß man dankbar die Möglichkeit der Entspannung annahm. In diesem Punkt haben wohl auch die Kriege, besonders der Dreißigjährige Krieg, einen großen Anteil. Vor allem umherziehende Soldaten (natürlich aber auch die anderen Menschen) schätzten den Tabakgenuß nicht nur wegen der Entspannung und Zerstreuung, sondern auch, weil er das Hungergefühl unterdrückt. Letzteres galt auch für das Kaffeetrinken. 93 *

"Man bedencke nur, wie übel ein Soldat im Felde daran ist, wenn er weder zu Essen noch zu Trincken hat und sich nicht mit einer Pfeiffe Toback trösten könnte." 94 *

Soldaten verhalfen dem Tabakgebrauch zu seiner Verbreitung bis in den letzten Winkel Europas. Ebenfalls ein enges Paar bilden das Rauchen und geistige Arbeit für die damalige Zeit.

"Der Vortheil/ den man bey dem Rauchen des Tabacks hat/ ist unvergleichlich groß. Denn wenn man etwas hohes ausspeculieren/ Wahrheiten suchen/ der Tugend/ und Wissenschafften nachdencken will/ so giebet einen dazu die beste Gelegenheit ein Pfeifchen Taback. Nemlich er erleuchtet den Verstand/ er erwecket die Geister/ er beweget die Werckzeuge der Sinnen/ und machet den Leib geschickt/ der Seelen zu dienen." 95 *

Dieser Fakt erscheint um so wichtiger, wenn man bedenkt, daß man mit dem neuen Welt- und Menschenbild sowie den Wissenschaften, dem Gehirn und dem Denken größte Bedeutung zumaß. Der menschliche Körper wurde unter diesem Primat der geistigen Arbeit dafür mittels der zwei Drogen Kaffee und Tabak eingerichtet respektive besser befähigt.

An dieser Stelle ist etwas zu der Konstellation dieses Drogenpaares sagen. Beide gehören heute, wie im 17. und 18 Jahrhundert, eng zusammen und werden oft gleichzeitig konsumiert, obwohl sich ihre Wirkungen eigentlich in einem Widerspruch zueinander befinden. Tabak hat eine eher beruhigenden Komponente und der Kaffee eine stimulierende, im Extremfall nervös machende Wirkung.

Trotzdem sind beide zusammen gut geeignet, das im vorigen Absatz genannte Ziel zu erreichen. Während der Kaffee den Geist zum Denken beflügelt, beruhigt der Tabak den sich dabei still verhaltenden und eher als Untersatz des Kopfes gesehenen Körper. Obiges Zitat macht dies in der Sprache der Zeit nochmals deutlich. 96 *

Im Zusammenhang mit der Wirkung sollte man das Grundgefühl der Zeitepoche nicht vergessen. Im 17. Jahrhundert entstand das Barock, dessen Zeitgefühl man wohl am Besten mit diesseits gewandter Sinnesfreude und Lust, vor allem Lust am Genuß, umschreiben kann. Doch schon vorher, am Ende des Mittelalters "trat eine stärker weltlich, städtisch und modern ausgerichtete Gesellschaft hervor und frühere soziale und religiöse Verhaltenskontrollen gingen verloren" 97 *

Dies trug erheblich dazu bei, beide Drogen zum Vergnügen und als Genußmittel zu gebrauchen.

Letztlich sollte man nicht vergessen, daß Drogen zeichenhaften Charakter besitzen. Vor allem für das aufstrebende Bürgertum und für die Händler waren sie ein Mittel, ihr Selbstbewußtsein zu demonstrieren. Zumal die adeligen Höfe oftmals erst Kenntnis vom Kaffee und Tabak erhielten, wenn sie im betreffenden Territorium schon gebraucht wurden. (Heute erhält die Regierung auch oft erst Kenntnis von neuen Drogen, wenn sie bereits im Lande von einer vielzahl von Menschen konsumiert werden.)

Die zeitlichen Umstände riefen aber noch mehr Effekte hervor, die für das Drogenpaar große Bedeutung innehatten, aber nicht unmittelbar mit dessen psychoaktiven Wirkungen zusammenhängen.

Die neue Wahrnehmung und das neue Selbstbild führten dazu, daß erstmals um 1500 der übermäßige Drogenkonsum in Form des Alkohol als Problem erkannt und angeprangert wurde. Reformatoren, darunter Martin Luther, und andere Autoren wetterten gegen das Übel der Trunksucht während des ganzen 16. Jahrhunderts, natürlich ohne Erfolg. Man ist sich heute auch noch nicht darüber einig, ob es damals wirklich zu einem enormen Anstieg des Alkoholkonsums durch das Bekanntwerden der Destillationstechnik kam, oder ob die geschärfte Wahrnehmung ein Problem suggerierte. Wahrscheinlich kamen beide Faktoren zusammen. 98 * Davon abgesehen war im Bezug auf Kaffee und Tabak nun die Möglichkeit gegeben, den Konsum in heutiger Sprache als "Drogenproblem" zu sehen, sowohl aus medizinischer, sozialer, wirtschaftlicher als auch anderer Sichtweise.

In der Auseinandersetzung während der Reformationszeit, deren neuen Medien (Flugblatt) und neuen wissenschaftlichen Vorgehensweisen und Argumentationen die Vorraussetzung dafür schufen, wurde das Thema "neue Drogen" (Kaffee und Tabak) breit diskutiert. Dabei beleuchtete man das Thema von allen Seiten und bezog Stellungen, die von blanker Ablehnung bis zu größter Parteinahme reichten. Gerade die intensive Auseinandersetzung sorgte für eine relativ rasche Integration und eine sich sehr schnell ausbreitende Bekanntheit der neuen Drogen.

Der Stellenwert des Wirtschaftlichen hatte nicht nur Bedeutung für ihre Akzeptanz im Sinne der körperlichen und geistigen Leistungssteigerung. Kaffee und Tabak wurden schnell ein wichtiges Handelsprodukt, dessen Absatz man natürlich sichern und vergrößern wollte. Zum einen ging es um das Endprodukt und den wirtschaftlichen Erfolg der Kaffeehäuser, zum anderen um das Rohprodukt und dessen Anbau und Handel.

Wirtschaftliche Erwägungen und Ängste hatten einen großen Anteil am Zustandekommen von Verboten und Handelsbeschränkungen aus Furcht vor dem Geldverlust durch die Einfuhr der Drogen in großen Mengen. Es klingt zwar paradox, doch wirtschaftliche Erwägungen waren auch bei der Aufhebung von Verboten und Lockerung von Beschränkungen die größten, wenn nicht sogar die einzigen Triebkräfte.

Meistens kamen die Lockerungen von Beschränkungen zustande, wenn die Obrigkeit erkannte, daß der Konsum nicht zu stoppen war und die Kontrollmittel immense Mittel an Geld verschlangen, während die Legalisierung, Monopolisierung und Besteuerung die Staatskassen füllten.

Die Änderungen auf rechtlichem Gebiet schufen letztendlich die Vorraussetzungen um Drogenverbote durchzusetzen und auf diesem Wege Repression und Kontrolle der Untergebenen auszuführen. Dieser Punkt wird der uns auch noch näher interessieren.

Das zeitliche Umfeld bedingt noch eine Reihe von Faktoren, die dazu führten, daß Kaffee und Tabak zu eben dieser Zeit nach Europa kamen.

Beim Kaffee wären als erstes die zahlreichen Forschungsreisen europäischer Gelehrter in den Orient zu nennen. Die Beweggründe dafür hatten oft wirtschaftlichen Charakter, die frühkapitalistischen Händler wollten neue Absatzmärkte und Rohstoffquellen erschließen sowie nach möglichen Kolonien Ausschau halten. Dabei darf man aber nicht vergessen, daß die europäischen Bewohner ein großes Interesse an fremden Kulturen hatten, insbesondere an der Orientalischen. Bereits im Mittelalter hatte es ja einen regen Kulturaustausch gegeben. Außerdem sah man die Lebenswelt des Orients märchenhaft verklärt, sie war also voll "in". Genauso in Mode befanden sich Reiseberichte aus den fernen Ländern, da ja die wenigsten wirklich dorthin reisen konnten oder wollten. Einem solchen Reisebericht verdanken wir auch die Ersterwähnung des Kaffees in Europa.

Da durch das Zeitalter der Entdeckungsreisen neue Teile der Erde erforscht wurden, steigerte sich auch das Interesse für fremde, vorher nicht bekannte Pflanzen und deren Nutzen und Wirksamkeit.

Es bestanden rege Handelsbeziehungen in den Orient, vor allem über Venedig. Da das Fremde in Mode war, existierte eine rege Nachfrage nach fremden Produkten, seit dem Mittelalter vor allem nach Gewürzen. Durch die zeitweise Ausbreitung des islamischen Einflussgebietes bis auf den europäischen Kontinent rückte auch der Kaffee in noch größere Nähe. Dabei spielten die kriegerischen Auseinandersetzungen eine ebenso große Rolle wie die politischen und kulturellen Beziehungen, was das Beispiel des Besuchs des osmanischen Gesandten in Wien und Paris beweist. 99 *

Beim Tabak waren die Entdeckungsreisen nach Amerika der Auslöser für seine sagenhaft schnelle und intensive Verbreitung rund um den Globus.

 


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86
René Descartes, 1596-1650, französischer Philosoph und Mathematiker, Francis Bacon, 1561-1626, Begründer des Empirismus, des naturwissenschaftlichen Denkens und einer Methodenlehre der Wissenschaften, englischer Staatsmann und Rechtsanwalt
87
Als Beispiel sei die "Utopia" (1516) des Thomas More (1478-1535) genannt
88
Die "Peinliche Halsgerichtsordnung" (Constitutio Criminalis Carolina) Karls V. wurde im Jahre 1530 auf dem Augsburger Reichstag beschlossen und zwei Jahre später (1532) auf dem Reichstag in Regensburg (der im juristischen Sinne eigentlich ein Hoftag war) ratifiziert, womit sie Gesetzeskraft erhielt. Sie enthielt neben materiellem Strafrecht vor allem Prozeßrecht. Auf sie stützte sich die Methode der so genannten peinlichen Befragung (Folter) bei der Erwirkung von Geständnissen.
89
Fleischer, Horst: Grundherrschaft und bäuerliches Leben des 15. und 16. Jahrhunderts ..., in: Thüringen im Mittelalter, Thüringer Landesmuseum Heidecksburg, Rudolstadt 1995, S. 177
90
Austin, Georg: Die europäische Drogenkrise des 16./17.Jahrhunderts, in: G. Völker (Hrsg): Rausch und Realität, Köln 1981, Bd. I, S. 67
91
Anonym: Von dem Gebrauch und Mißbrauch der beyden respective Türckischen und Heydnischen/ nunmehro aber auch in der Christenheit/ absonderlich in Teutschland canonisierten Alamodischen Wasser-Getränke COFFE und THEE, Zwey gelehrte/ Christliche und sehr annützige Gespräche vor alle diejenige/ als ihres Rechsten Leibes und Seelen Gesundheit zu Hertzen gehet/ sehr nütz- und erbaulich zu lesen., Wesel 1704, S. 44
92
Blancardus, Stephan: Haustus polichestri, Hamburg 1705, S. 133
93
Thamm, Bernd Georg: Drogenfreigabe – Kapitulation oder Ausweg?, Hilden 1989, S. 28 ff.
94
Krüger, Johann Gottlob: Gedancken vom Caffee, Thee, Toback und Schnupftoback, Halle 1746, S. 55
95
Blancardus, Stephan: Haustus polichestri, Hamburg 1705, S. 192
96
Schivelbusch, Wolfgang: Die trockene Trunkenheit des Tabaks, in: G. Völker (Hrsg): Rausch und Realität, Köln 1981, Bd. I, S. 218
97
Austin, Gregory: Die europäische Drogenkrise des 16. und 17. Jahrhunderts, in: G. Völker (Hrsg): Rausch und Realität, Köln 1981, Bd. I, S. 71
98
Renggli, René; Tanner, Jacob: Das Drogenproblem, Berlin 1994, S. 42 ff.
99
siehe das Kapitel 3.1.2. "Der Kaffee kommt nach Europa", Seite 21 ff., in dieser Arbeit