DrogenGenussKultur |
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Love Parade 2002 |
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6. Das Bier floß wieder"Access Peace" lautete das Motto der Love Parade am 13.Juli 2002 in Berlin. Die Teilnehmer hatten aber nicht nur Zugang zum Frieden, sondern auch zum Berliner Pilsner (Schultheiss). Die Marke war erstmalig als Sponsor und Exklusivanbieter auf der größten Party des Sommers dabei. Speziell für die Love Parade wurde Berliner Pilsner in einer umweltfreundlichen PET-Flasche angeboten. Die Love Parade als Aushängebild für Lebensfreude, Respekt und Toleranz prägte seit mehr als zehn Jahren das Bild von Berlin als Ort, an dem Trends entstehen. Das Publikum ist jung, positiv eingestellt und offen für Neues - Werte, für die auch Berliner Pilsner als innovative Hauptstadtmarke steht. Parallel und passend zum Rave-Event schaltete die Marke ein neues Citylight-Poster mit dem Motiv "Liebe - Made in Berlin " 64 Die Getränke des offiziellen Caterers der Love Parade, Taktgeber Events, wurden in PET-Pfandflaschen verkauft. Die Flaschen wurden an jedem der Stände zurückgenommen. So trug jeder durch seinen Kauf zur Müllvermeidung bei. Keiner mußte verdursten: Hundert Verkaufsstände mit einer Gesamtlänge von einem Kilometer Tresen versorgten die Raver auf der ganzen Strecke mit gekühlten Getränken zum günstigen Preis: Wasser in der 0,5 l PET-Pfandflasche kostete 1,50 Euro (2,93 DM; Preis pro Liter: 3,00 Euro, 5,87 DM), ein Berliner Pilsner 0,33 l PET-Pfandflasche 2,50 Euro (4,89 DM; Preis pro Liter: 7,50 Euro, 14,67 DM). Taktgeber Events war der einzige offizielle Caterer mit der Berechtigung, Stände zu vermieten. Die Dienstleistung garantierten auf der Love Parade nicht nur einheitliche Qualität und erschwingliche Preise entlang der Strecke, sondern auch eine Promotion für die Biermarke. Alex Clausen und Stefan Schwarz, Geschäftsführer des Cateringservices Taktgeber Events betonten, daß vor allem die Produkte der nicht offiziell zugelassenen Händler den so oft im Zusammenhang mit der Love Parade viel zitierten Müll verursachten. 65
6.1. Alkohol und die UnfallstatistikDer Zusammenhang von Alkoholausschank an der Love Parade mit der Anzahl der Verletzten, die von den Sanitätern versorgt werden müssen, wird in Berlin schon lange diskutiert. Bereits vor zwei Jahren beschrieb die Berliner Zeitung unter dem Titel "Love Parade: Saufen bis zum Umfallen - Ab in die Klinik: Die Zahl der Verletzten ist deutlich höher als auf jeder anderen Techno-Parade" die in Berlin beobachtete Situation wie folgt: "Die Zahl der Verletzten bei der Love Parade ist um ein vielfaches höher als etwa bei der Street Parade in Zürich. Das hat der Berliner Selbsthilfeverein Eve & Rave in einer Analyse der Unfallzahlen des vergangenen Wochenendes festgestellt. [...]. Hochgerechnet auf 100 000 Teilnehmer müssen die Sanitäter beim Techno-Umzug in Berlin 20-mal häufiger Erste Hilfe leisten als in Zürich. 'Der ausschlaggebende Risikofaktor heißt Alkohol', schreibt der Verein in seiner Analyse. Am Beispiel der Paraden des Jahres 1998 wies Eve & Rave nach, daß in Berlin mindestens sechsmal so viele Raver ins Krankenhaus gebracht werden mußten wie in Zürich. Damals kamen nach Angaben der Veranstalter 1,1 Millionen Menschen in den Tiergarten, 340 mußten in Kliniken eingeliefert werden (2000: 538). In Zürich, wo sich 500 000 Raver versammelten, kamen nur 25 Raver ins Krankenhaus. Auf beiden Paraden werden Drogen wie Ecstasy oder Amphetamine konsumiert. Es gebe nur einen Unterschied: Alkohol werde bei der Street Parade kaum getrunken. [...] In Zürich dürfe an der Paradestrecke am Seeufer tatsächlich kein Alkohol verkauft werden, bestätigte der Sprecher der Street Parade, Stefan Epli, der 'Berliner Zeitung'. Gegen Schwarzhändler werde dort viel strenger vorgegangen als in Berlin, sagte Epli, der am 8. Juli in Berlin war. 'Ich war entsetzt, wie viele Besoffene bei der Love Parade mit Bier oder Wodka rumliefen', sagte er. Er bemängelte zudem, daß in Berlin auch auf den Love Mobiles 'gesoffen' werde. [...] Sollten sich die Ergebnisse von Eve & Rave aber bewahrheiten, sagte Love-Parade-Sprecher Enric Nitzsche, werde auch die Love Parade über ein Alkoholverbot im Tiergarten nachdenken. Initiator Dr. Motte sagte schon vor zwei Jahren: 'Ich will keine Bierparade.'" 66 Den Machern der Love Parade war die Diskussion um das Problem Alkoholausschank versus Unfallhäufigkeit durchaus bekannt. Dennoch entschieden sie sich für eine Biermarke als Hauptsponsor. Dem Bierbrauer Schultheiss in Berlin waren diese Zusammenhänge auch nicht fremd, kann man doch in der gleichen Broschüre von Brau und Brunnen zum Thema Alkohol und Sicherheit nachlesen, daß schon ab etwa einem Alkoholgehalt von 0,2 Promille im Blut die Aufmerksamkeit nachlasse und gleichzeitig die Kritik- und Urteilsfähigkeit sowie die Sehleistung abnehme. Des weiteren wird in dem Artikel anschaulich beschrieben, wie nach jedem Glas Bier eine Testperson beim Einschlagen eines Nagels von Mal zu Mal unvorsichtiger wurde. 67 Vor diesem Hintergrund erscheint die Forderung nach einer finanziellen Beteiligung des Sponsors - der für ein alkoholisches Getränk auf der Love Parade warb und dort auch vor Ort in erheblichem Maße verkaufte - an den Kosten des Sanitätsdienstes nicht ganz abwegig, da der Sponsor durch seine Aktivitäten vor Ort ursächlich für eine erhöhte Unfallgefahr mitverantwortlich ist. Sicher kann man nicht die nach amtlicher Zählung um das 27fache höhere Zahl an Krankenhauseinweisungen bei der Love Parade im Vergleich zur Street Parade (pro 100.000 Teilnehmer) allein der Brauerei und dem Catering anlasten, doch einen gewissen Anteil mit Gewißheit. So wie man die Organisatoren der Love Parade nach dem Verursacherprinzip verpflichtete, sich an den Kosten der Müllentsorgung zu beteiligen, so sollte nach dem Verursacherprinzip ein Sponsor, der alkoholische Getränke bewirbt und verkauft, verpflichtet werden, sich an den Kosten der Dienstleistungen der Sanitäter zu beteiligen.
6.2. Eine Stellungnahme der Drogenbeauftragten Marion Caspers-MerkIn einem Interview mit der 'Berliner Zeitung', das am 5. September 2001 abgedruckt wurde, erklärte die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), daß sie die Alltagsdrogen Alkohol und Nikotin stärker bekämpfen wolle. Sie sagte zudem, daß wer Drogen nehme, krank sei und daß sie die legalen Drogen genauso wie die illegalen werte. [Wahrlich ein Affront, daß Caspers-Merk pauschal alle als krank bezeichnete, die Drogen nähmen, da nach dieser Aussage alle Weinliebhaber und Kaffeetrinker als krank bezeichnet werden müssen!] Zur Frage, ob sie ein Werbeverbot für Tabak und Alkohol befürworte, erklärte die Drogenbeauftragte, daß dies europaweit geschehen müsse und betonte, zunächst sei es viel wichtiger, das Sponsoring einzuschränken, da dies viel subtiler sei als die direkte Werbung. 68 Bemerkenswert erscheint hier die Tatsache, wie die Drogenbeauftragte auf ihrer persönlichen Homepage in der Rubrik "Wahlkreis" die Leser zu einem Streifzug durch ihren Wahlkreis einlädt. Über acht landestypischen Bildern steht wörtlich: "Auf dieser Seite möchte ich Sie zu einem kurzen Streifzug durch meinen Wahlkreis einladen. Machen Sie sich ein Bild von der Region in der ich lebe und für deren Belange ich mich vor Ort und in Berlin einsetze." Auf den Bildern macht die Drogenbeauftragte auf subtile Weise auf die Belange der Winzer und Weinkellereien aufmerksam. Drei der acht Bilder stehen im Zusammenhang mit dem Wein: Ein Bild mit "Blick auf die Rheinebene und die Vogesen" zeigt die Schönheit der Weinberge in der Region, ein Bild zeigt eine Weinprobe und ein weiteres eine Großaufnahme von Trauben mit dem Text "das 'Kulturgut' dieser Region." 69 Wahrlich, diese Bilder könnten einem Prospekt einer Weinhandlung entstammen. Sie könnten aber genauso gut aus dem Exposé eines Sponsoringkonzeptes einer Weinkellerei entnommen worden sein. Auf jeden Fall kann man hier ahnen, wie die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk, die Droge "Alkohol stärker bekämpfen" will und wie wichtig ihr das "Einschränken des viel subtiler wirkenden Sponsorings" in ihrem eigenen Wahlkreis ist.
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