Drogenpolitik
Ein offenes Wort an die Grünen

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1. Koalitionsvertrag

 

1.1 Drogenpolitik

"Die drogen- und suchtbedingten Probleme unserer Gesellschaft müssen reduziert werden. Wir werden die präventive Drogenpolitik der letzten Jahre konsequent fortführen und dabei die einschlägigen Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts berücksichtigen."

Ich habe mir euren Koalitionsvertrag angesehen, in der Hoffnung, dort endlich etwas Positives in Puncto Drogen zu lesen. 1 *

Fehlanzeige. Der oben stehende Satz ist alles.

Der könnte so auch von einer etwas moderneren CDU stammen. Im Klartext heißt das: Es wird sich also nichts ändern an dieser seit Dreißig Jahren ebenso sinn- wie erfolglosen Politik, nicht das Geringste. Bißchen Kosmetik, damit es einen progressiven Touch bekommt, mehr nicht. Und vor allem: Kein Wort über die Liberalisierung des Cannabiskonsums, über die Entkriminalisierung von mehr als drei Millionen Usern. Kein Wort über die völlig überzogene Praxis des prophylaktischen Führerscheinentzugs auf Behördenebene für eben jene User. Kein Wort über die inzwischen bundesweite Praxis, im Falle eines positiven Drogenschnelltests automatisch eine Hausdurchsuchung bei dem Betroffenen anzuordnen. Und kein Wort über die Zulassung wenigstens als Medikament, als Mittel der Linderung für die Leiden Krebs- und Aidskranker.

Bei mir habt ihr ausgeschissen, und ich hoffe, daß ALLE Cannabisuser so denken!

Ein hartes Wort, aber ich habe die Schnauze voll. Dieser eine Satz, der mit Abstand kürzeste Passus im ganzen Vertrag, offenbart, mit welchem Elan das Drogenproblem von Rot/Grün angegangen wird. Da war man sich offenbar schnell einig. Man hätte es auch noch kürzer machen können: Alles bleibt beim Alten. Das hätte genügt. Dies war das letzte Mal, daß ich überhaupt wählen gegangen bin, und ich bin immer ein politisch denkender und handelnder Mensch gewesen. Aber es gibt offensichtlich hierzulande keine Partei mehr, die fähig wäre, diesen sich immer höher auftürmenden Reformstau, von dem das Drogenproblem nur ein Teil ist, auch nur versuchsweise in Angriff zu nehmen.

 

1.2 Die Grünen – brave Erfüllungsgehilfen einer zutiefst unfähigen SPD

Warum laßt ihr euch zu braven Erfüllungsgehilfen einer zutiefst unfähigen SPD machen, einer Partei, die z. B. nicht mal willens ist, an diesem absolut lächerlichen Ladenschlußgesetz auch nur zu kratzen? Ganz zu schweigen von einer Durchforstung des übrigen Paragraphendschungels, dieses Dickichts, das jeden Versuch der Eigeninitiative im Keim erstickt, dieser unsinnigen Vorschriften, die den Bäcker, der einen Hocker an den Kaffeetisch stellt, dazu zwingt, eine Toilette einzubauen und den Schreinermeister, der ein Boot ausbessern will, dazu, Bootsbaumeister zu werden, aber erst, nachdem er die fälligen 10.000,- € Strafe bezahlt hat... Diese Liste ist endlos, und alleine mit Beispielen von Vorschriften, die niemandem außer der jeweiligen Lobby nützten (und dem Beamtenapparat, der sie zu überwachen hat!) ließen sich locker die nächsten siebenundzwanzig Seiten füllen. Doch die SPD sieht diese alten Zöpfe nicht, oder ist nicht Willens, wenigsten einen Teil davon abzuschneiden.
Und so was will mit dem Riesenberg an Problemen in diesem Land fertig werden. Was war denn mit der berühmten Steuerreform? – eine Lachnummer, die das Prädikat Reform nicht mal ansatzweise verdient. Der Verhau der Steuerparagraphen ist mittlerweile so undurchdringlich, daß sich nicht mal mehr Spezialisten auskennen, und diese so genannte Reform hat das eher noch verschlimmert. Hier hilft nur noch ein Kahlschlag. Die Rezepte sind da, die Leute, die das können, haben wir auch, durchgeführt aber wird das z.B. in Kroatien, jedoch nicht hier. Hätte wohl unzumutbare Härten für die Großkonzerne bedeutet – die ja bekanntlich von allen Abgaben verschont bleiben müssen, damit sie nicht nach China auswandern. Man verzeihe diese Abschweifung, ich will nur die Symptomatik aufzeigen: Wer mit dem großen Versprechen von Reformen antritt und nur jämmerliches Flickwerk zustande bringt, muß sich das gefallen lassen.

 

1.3 Aufruf an die Mehrheitsbeschaffer: Schmeißt doch den Bettel hin!

Schmeißt doch den Bettel hin, laßt doch Stoiber & Konsorten versuchen, den Karren aus dem Dreck zu ziehen. Das können diese Maulhelden sowieso nicht, und dann habt ihr wieder eine Chance. So aber nicht. Wenn eine Partei nicht mal ihre Minimalforderungen gegenüber dem Koalitionspartner durchsetzen kann, wenn sie nur als Mehrheitsbeschaffer dient, sollte sie es sein lassen. Vor allem, wenn diese Partei ihm, dem "Partner", soeben den Arsch gerettet und sich nie in einer stärkeren Position befunden hat. Sollte allerdings die Freigabe von Cannabis gar nicht zu euren Forderungen gehört haben und nur so nebenbei in eurem Parteiprogramm stehen, dann könnt ihr mich erst recht mal... 2 *

 

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1
Koalitionsvertrag 2002: http://www.gruene-fraktion.de/rsvgn/rs_rubrik/0,,67,00.htm
Vgl.: Koalition will auf "präventive Drogenpolitik setzen" [11.10.2002]

http://www.cannabislegal.de/neu/2002-10.htm#2002-10-11-kv
Vgl.: Koalitionsvertrag, Antwortschreiben der Grünen [16.10.2002]

Der Koalitionsvertrag wurde am 16.10.2002 veröffentlicht. Darin heißt es zur Drogenpolitik der nächsten Legislaturperiode:
"VI. Solidarische Politik und Erneuerung des Sozialstaats
[...]
Sucht- und Drogenpolitik
Wir setzen unsere erfolgreiche Sucht- und Drogenpolitik fort, die auf den vier Säulen Prävention, Therapie, Repression und Schadensminderung aufbaut. Suchtstoffübergreifend wollen wir die strukturelle Prävention und den Kinder- und Jugendschutz stärken, Abhängigkeiten senken und Reintegration ermöglichen. Der Zugang zu Therapien soll erleichtert werden. Die Verschreibungsmöglichkeiten von Cannabisarzneimitteln werden in wissenschaftlich anerkannten Fällen weiter entwickelt.
Wir werden eine nationale Antitabak-Kampagne durchführen, auch um den Nichtraucherschutz zu stärken. In einem Aktionsplan Drogen und Sucht sollen in Abstimmung mit den Ländern, den Sozialversicherungsträgern und den Verbänden der Jugend- und der Suchtkrankenhilfe gemeinsame Ziele und Maßnahmen zur Verringerung der Suchtprobleme in unserer Gesellschaft festgelegt werden."
http://www.cannabislegal.de/neu/2002-10.htm#2002-10-16-aw
2
Bündnis 90/Die Grünen
Die Grünen sind im 15. Bundestag mit 55 Abgeordneten vertreten. Die Cannabislegalisierung ist ein fester Bestandteil des Parteiprogramms und steht auch im Grundsatzprogramm.
http://www.cannabislegal.de/politik/parteien.htm#gruene