DrogenGenussKultur |
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DrogenGenussKultur |
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30 Jahre Drogeninfostände |
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4. Versuch einer Spaltung des Vereins Eve & Rave BerlinVier Akademiker (ein Pharmazeut, ein Arzt, ein Soziologe und ein Jurist) wollten in den Jahren 1996 und 1997 die rentablen Bereiche wie die Herausgabe von Broschüren, das Halten von Vorträgen und das Durchführen von Workshops aus der Vereinsarbeit auslagern und begannen mit der Gründung der sogenannten Eve & Rave Factory. Der Verein sollte weiterhin die Drogeninfostände organisieren, aufbauen und betreuen. Diese Aufteilung goutierten die meisten Vereinsmitglieder nicht und es gab in der Folge einen so heftigen Streit, so dass ein Vorstandsmitglied und der Anwalt des Vereins beim Amtsgericht die Einsetzung eines Notvorstandes beantragten. Die Rolle des Notvorstandes übernahm Frau Prof. Gundula Barsch, der Verein wurde gerettet und die Factory durfte den Namen Eve & Rave nicht mehr nutzen, da die Namensrechte beim Verein lagen. Unter einem anderen Namen wollte die Factory jedoch nicht arbeiten und stellte ihre Tätigkeit ein, hinterließ jedoch jede Menge Schulden und andauernde Streitigkeiten. Von diesen Streitigkeiten angewidert verließen in der Folge fast die Hälfte der Mitglieder den Verein. Trotz Rettung des Vereins dauerten die Streitigkeiten an und behinderten die eigentliche Arbeit im Sinne der Statuten des Vereins. Der Verein Eve & Rave Berlin wurde von Veranstaltern von Partys immer wieder unterstützt. Ananto, der die "Mystic Rose Partys" im KitKat Club veranstaltet, legt großen wert darauf, dass auf seinen Partys immer ein Drogeninfostand für seine Gäste vor Ort ist. Seit 1994 gibt es auf seinen Party einen solchen Stand, früher unter dem Label "Eve & Rave", heute unter dem Label "Freie Arbeitsgemeinschaft Drogengenusskultur". Der Verein Eve & Rave Berlin ist heute vakant. Die letzte Vollversammlung fand am 5. Juli 2000 im Café Sidney statt, wo ein neuer Vorstand gewählt wurde. Im Vereinsregister ist jedoch bis heute der alte Vorstand aus den 90er Jahren eingetragen. Da hat wohl jemand seine Hausaufgaben nicht gemacht. Doch das Webteam und das Infostandteam haben weitergearbeitet. Ab 1. Januar 2003 wurden alle Infostände unter dem Label "Webteam www.eve-rave.net Berlin" durchgeführt und auch die Pressemitteilungen erschienen nicht mehr unter dem Namen des Vereins, sondern wurden von der "Redaktion Webteam www.eve-rave.net Berlin" herausgegeben. 9 Seit Frühlingsanfang 2011 werden Aktionen wie Drogeninfostände nur noch unter dem Label "Freie Arbeitsgemeinschaft DrogenGenussKultur" durchgeführt.
Die Abbildung zeigt die ausgelegten Informationen des Drogeninfostandes auf dem Goa Gil Ritual im Jahr 2016. Foto: Doro Tops
5. Wettbewerb DrogenkompetenzDas Webteam von www.eve-rave.net startete am Ostersonntag, 31. März 2002, ein Wettbewerb 10 mit drogenpolitischem Hintergrund gemäß dem Motto der Jahresarbeit des Vereins Eve & Rave in Berlin: "amtlich = richtig?". Mit diesem Wettbewerb sollte die Szene in der Beantwortung dieser Frage eingebunden werden. Grundlage des Wettbewerbs war der neu gestartete Internetauftritt von www.drugcom.de, einem Projekt der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA). Inhalt des Wettbewerbs war das Auffinden von Fehlern, Täuschungen und Manipulationen. Der Einsendeschluss war der Pfingstsonntag, 19. Mai 2002. Die Tatsache, dass die Website "drugcom" vor allem verunsichern und überhaupt nicht aufklären wollte, konnte man deutlich am Beispiel der gegebenen "Informationen" betreffend Streckmitteln in Ecstasypillen (Pillen mit dem Wirkstoff MDMA) sehen. Unter dem Zwischentitel "Zusammensetzung der Pille" konnte man folgendes lesen: "Analysen haben gezeigt, dass die Pillen praktisch nie reines MDMA enthalten. Im günstigsten Fall sind noch andere entaktogen wirkende Substanzen enthalten, oft aber auch Speed, meistens noch andere Verschnittstoffe." Das BKA meldete demgegenüber im Rauschgiftjahresbericht 2000 auf Seite 91 folgende Zahlen betreffend Reinheitsgehalte von Ecstasypillen und Kapseln: "Für insgesamt 935.186 Tabletten und Kapseln – im Folgenden als Konsumeinheiten (KE) bezeichnet – wurden die Wirkstoffgehalte mitgeteilt. 92,7 % der Konsumeinheiten enthielten einen psychotropen Wirkstoff (Monopräparate), während bei 7,3 % zwei und drei Suchtstoffe festgestellt wurden (Kombinationspräparate). Von den 852.736 Monopräparaten enthielten 98,4 % 3,4-Methylendioxy-methamphetamin (MDMA), 1,2 % Amphetamin und die verbleibenden 0,4 % Methamphetamin, 3,4-Methylendioxy-N-ethylamphetamin (MDE), 4-Brom-2,5-dimethoxy-amphetamin (DOB), 4-propylthio-2,5-dimethoxyphenethylamin (2C-T-7) und 3,4-methylendioxyamphetamin (MDA). Bei den gemeldeten Kombinationspräparaten handelte es sich um Mischungen von MDMA/ MDE, MDMA/MDA, MDMA/Methamphetamin, MDMA/Amphetamin MDA/Amphetamin oder MDMA/MDA/Amphetamin. Die am häufigsten gemeldeten MDMA/MDE-Zubereitungen enthielten durchschnittlich 36 mg MDMA und 22 mg MDE pro Konsumeinheit (als Base berechnet)." 98,4 Prozent aller Monopräparate respektive 91,2 Prozent aller untersuchten Proben aus dem Jahr 2000 enthielten gemäß BKA ausschließlich den Wirkstoff MDMA. Demzufolge war die Angabe bei "drugcom", dass Analysen gezeigt hätten, dass die Pillen "praktisch nie" reines MDMA enthalten, falsch. Der durchschnittliche Gehalt an MDMA lag gemäß BKA im Jahr 2000 bei 64 Milligramm (als Base berechnet) respektive 76 Milligramm (als Hydrochlorid berechnet). Auch die Formulierung "Im günstigsten Fall sind noch andere entaktogen wirkende Substanzen enthalten, oft aber auch Speed, meistens noch andere Verschnittstoffe." bei "drugcom" war genauso wirklichkeitsfremd. Bei "drugcom" waren 91,2 Prozent "praktisch nie", 1,2 Prozent "oft" und 0,4 Prozent "meistens" (die 7,3 Prozent der Kombinationspräparate sind in den letztgenannten Zahlen nicht berücksichtigt, wobei der gewichtigste Anteil bei diesen Zubereitungen die Kombinationen verschiedener entaktogener Wirkstoffe darstellt. Die Analyse der Angaben bei "drugcom" offenbarte, dass dieses Projekt der BzgA sich auf dem Niveau der übelsten polemischen Artikel der Boulevardpresse bewegte. Als Aufklärung konnte man das beim besten Willen wirklich nicht bezeichnen. Deshalb wurde der "Wetbewerb Drogenkompetenz" vom Webteam von Eve & Rave Berlin veranstaltet, um diesen Fake News entgegen zu wirken. Aufgrund der Tatsache, dass Tibor Harrach, der gewählte Vorstandsvorsitzende – jedoch nicht im Vereinsregister eingetragene – von Eve & Rave e.V. Berlin, dem Wettbewerb und seinen Initiatoren seinerzeit überhaupt nicht wohl gesonnen war, konnte das Webteam die Auswertung der Einsendungen nicht auf www.eve-rave.net publizieren, ohne riskieren zu müssen, einen großen Streit heraufzubeschwören. Um prophylaktisch allfällige Auseinandersetzungen diesbezüglich zu vermeiden, gestaltete das Webteam von www.eve-rave.net kurzerhand eine private Homepage zum Thema DrogenGenussKultur (www.drogenkult.net) und veröffentlichte dann dort die ersten Ergebnisse des Wettbewerbs. 11 Die Einsendungen zum Wettbewerb wurden strukturiert veröffentlicht, so dass www.drugcom.de die Möglichkeit hatte, Fehler auf ihrer Seite zu korrigieren und somit die haarsträubende Desinformation, die von ihrer Seite ausging, zu stoppen. Nach dem Verlauf einiger Monate war dies größtenteils geschehen, so dass der Wettbewerb auch diesbezüglich einen guten Zweck erfüllte. Die Aktion "Wettbewerb Drogenkompetenz" führte zu zahlreichen sehr informativen Gesprächsrunden an den Informationsständen von Eve & Rave. Diskutiert wurde nicht nur über Drogen und deren Wirkungen, sondern vor allem auch über Medienkompetenz und Glaubwürdigkeit von Medien.
6. Amtliche InformationsunterdrückungNach der Jahrtausendwende gab es einen skandalösen Versuch seitens der Bundesregierung, wesentliche Informationen zur drogenpolitischen Realität zu unterdrücken. Das Bundesministerium für Gesundheit hatte im Jahr 1999 eine Drogen- und Suchtkommission berufen, der hochkarätige Expertinnen und Experten aus den Bereichen Medizin, Psychologie, Rechtswissenschaften, Sozialwissenschaften sowie ein Vertreter der Betroffenen und ein Journalist und Praktiker angehörten. Das 14-köpfige Gremium hatte sich am 8. Dezember 1999 in Berlin konstituiert. Die Aufgabe der Kommission war es, Empfehlungen zur Verbesserung der Suchtprävention auszuarbeiten. Des Weiteren sollte die Kommission dazu beitragen, einen neuen Nationalen Aktionsplan Drogen und Suchtmittel zu entwickeln, der die wichtigen Aspekte und Maßnahmen in diesem Bereich auf allen Ebenen umfassen sollte. Am 4. Juni 2002 hatte die Drogen- und Suchtkommission der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) und der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Marion Caspers-Merk (SPD), ihren Abschlussbericht zur Verbesserung der Suchtprävention übergeben. Damals hatte das Gesundheitsministerium zu diesem Anlass eine Pressemitteilung mit dem Titel "Politik der Bundesregierung sieht sich durch das Votum der Drogen- und Suchtkommission bestätigt" veröffentlicht. 12 Sowohl die Pressemitteilung (Nr. 13 vom 4. Juni 2002) 13 als auch eine Vollversion des Abschlussberichtes der Drogen- und Suchtkommission konnte man über mehrere Monate hinweg auf der Website des Gesundheitsministeriums abrufen. Später jedoch suchte man auf der Website des Ministeriums vergeblich nach diesen beiden Dokumenten. Sie wurden einfach wieder entfernt. Und damit dies nicht allzu auffällig erschien, wurde bei allen Pressemitteilungen der Drogenbeauftragten aus den Jahren 2001 und 2002 die Nummerierung ebenfalls entfernt. Mit nahezu akribischer Präzision wurden hier nach klassischer Geheimdienstmanier wie zu Stalins Zeiten in der Sowjetunion Dokumente aus Verzeichnissen entfernt, um das in diesen amtlichen Dokumenten transportierte Gedankengut besser ausmerzen zu können. Nach wie vor baute die amtliche Drogenpolitik in der Bundesrepublik Deutschland auf die fachliche Unkenntnis der Bevölkerung und unterschlug deshalb systematisch wichtige Informationen, um den Stand der allgemeinen Unkenntnis nicht zu gefährden. Beispielsweise wurde im Drogen- und Suchtbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung vom 29. April 2003 14 der Abschlussbericht der Drogen- und Suchtkommission vom Juni 2002 erwähnt (S. 21), jedoch ohne der Angabe einer Bezugsquelle und unter Unterschlagung wichtiger Empfehlungen der Kommission wie: "Vielmehr ist besonderes Augenmerk auf mögliche schädliche Nebenwirkungen solcher Gesetze (z. B. Stigmatisierung bestimmter Personengruppen, negative Effekte durch Inhaftierungen etc.) zu richten. Zudem sollten Gesetze regelmäßig evaluiert und daraufhin überprüft werden, ob die in sie gesetzten Erwartungen auch tatsächlich erfüllt worden sind. Sollte die (unabhängige) Evaluation zu dem Ergebnis kommen, dass dies nicht der Fall ist, dann sind die Gesetze abzuschaffen, im Ausnahmefall auch zu ändern." [S. 30] "Der Gesetzgeber hat in den vergangenen Jahren aus politischen Erwägungen mit dem § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 10, 11 und 12 BtMG besondere Tatbestandsformen der Beihilfe zum Konsum geschaffen und mit Strafe bedroht, obwohl vonseiten der Strafverfolgung hier kein Bedürfnis bestand. So zeigen denn auch die Statistiken der Strafverfolgungsbehörden, dass diese Vorschriften nicht zu Verurteilungen führen, aber von den politischen Parteien bei der Bewertung von Drogenhilfe und Therapiemaßnahmen häufig zitiert werden. Die Lösung der Probleme wäre deshalb eine ersatzlose Streichung dieser Vorschriften." [S. 31] Die Erkenntnis, dass das BtMG "unrichtiges Recht" ist, dass die Umsetzung dieses Rechts sozialschädliche Folgen hat und das die Prohibitionspolitik die Merkmale eines Verbrechens aufweist, lässt – um Gerechtigkeit und sozialer Frieden zu gewährleisten und Schaden vom Volk abzuwenden – nur eine logische Konsequenz zu: das BtMG muss aus wissenschaftlicher und rechtlicher Perspektive völlig überarbeitet werden respektive einige Passagen ersatzlos gestrichen werden, um Schaden vom Volk abzuwenden. Bei einer Novellierung des BtMG sollten auf jeden Fall die Förderung von Drogenkompetenz, Drogenmündigkeit sowie die Förderung zur Befähigung eines realistischen Risikomanagements implementiert werden und auf Strafmaßnahmen bei Handlungen, die keine Drittpersonen gefährden, völlig verzichtet werden. 15
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