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Drogen, Politik und Polizei |
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1.3. Die unterschiedliche Entwicklung der Drogenrepression seit 1992 in den alten und in den neuen Bundesländern der Bundesrepublik DeutschlandDie folgenden Graphiken zeigen die deutlich unterschiedliche Entwicklung in den alten und den neuen Bundesländern betreffend Kriminalität im allgemeinen und Verstöße gegen das BtMG im besonderen. Graphik 5: Häufigkeitszahlen erfaßter Betäubungsmitteldelikte in den neuen Bundesländern (ohne Ost-Berlin) – 1992-2002 Graphik 6: Häufigkeitszahlen erfaßter Betäubungsmitteldelikte in den alten Bundesländern (einschließlich Gesamt-Berlin) – 1992-2002 Graphik 7: Häufigkeitszahlen aller erfaßter Delikte (Gesamtkriminalitätsbelastung) in den neuen Bundesländern (ohne Ost-Berlin) – 1996-2002 Graphik 8: Häufigkeitszahlen aller erfaßter Delikte (Gesamtkriminalitätsbelastung) in den alten Bundesländern (einschließlich Gesamt-Berlin) – 1996-2002 Graphik 9: Anteil der Betäubungsmitteldelikte an der Gesamtzahl aller erfaßter Delikte in Prozent in den neuen Bundesländern (ohne Ost-Berlin) – 1996-2002 Graphik 10: Anteil der Betäubungsmitteldelikte an der Gesamtzahl aller erfaßter Delikte in Prozent in den alten Bundesländern (mit Gesamt-Berlin) – 1996-2002 Während in den letzten Jahren des vergangenen Jahrtausends sowohl in den alten als auch in den neuen Bundesländern die Gesamtkriminalitätsbelastung deutlich abgenommen hat, hat die Zahl der erfaßten Betäubungsmitteldelikte massiv zugenommen. Dieses Phänomen ist besonders stark in den neuen Bundesländern ausgeprägt. Die folgende Tabelle zeigt den Trend von 1996 bis 2000 auf.
1.3.1. Die Kriminalstatistik als Spiegel der wirtschaftlichen Benachteiligung des OstensNach der Eingliederung der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik Deutschland (BRD) waren die neuen Bundesbürger im Osten mit vollkommen neuen sozialen, kulturellen und ökonomischen Strukturen konfrontiert und viele alte Wertmaßstäbe hatten nach der sogenannten "Wende" in kurzer Zeit jegliche gesellschaftspolitische Bedeutung verloren. Die Ausgangssituation der 16 Millionen neuen Bundesbürger (einschließlich Ost-Berlin 20% der Gesamtbevölkerung Deutschlands) im Wettbewerb mit den 64 Millionen alten Bundesbürgern (einschließlich West-Berlin 80% der Gesamtbevölkerung) war nachteilhaft – nicht nur, weil die Ostdeutschen sich völlig neu orientieren mußten, sondern auch weil ihre Ressourcen viel kleiner waren als die der Westdeutschen. So besaßen 1993 die Ostdeutschen gerade einmal 6,6% des gesamten Privatvermögens der Deutschen Bevölkerung, im Jahr 1998 waren es dann immerhin schon 7,4%. 13 In den neuen Bundesländern wurden nach der "Wende" viele Industriebetriebe geschlossen, so daß die Arbeitslosenquote von 10% zu Beginn der 90er Jahre auf 20% am Ende der 90er Jahre wuchs und etwa doppelt so groß war wie in den alten Bundesländern. Die durchschnittliche Höhe der im Osten bezahlten Arbeitslosenhilfe lag 1997 um 21,4% tiefer als im Westen, 14 jedoch lagen die gängigen Preise für die meisten Dienstleistungen und Konsumgüter im Osten auf dem gleichen Niveau wie im Westen. In der Folge litten immer mehr Menschen im Osten unter der wachsenden Armut, wobei die Kinder und Jugendlichen besonders betroffen waren und es auch heute immer noch sind. Gemäß einer repräsentativen Studie von Wissenschaftlern der Technischen Universität Chemnitz und der Humboldt-Universität Berlin hatte in den ersten drei Jahren nach der "Wende" die Armut unter ostdeutschen Kindern erheblich zugenommen. Im Jahr 1993 lebten in Ostdeutschland doppelt so viele Kinder und Jugendliche unter der Armutsgrenze als Erwachsene. Mit der Zahl der Geschwister stieg der Studie zufolge die Wahrscheinlichkeit arm zu werden. Das Armutsrisiko von Kindern mit zwei und mehr Geschwistern stieg auf beinahe das Siebenfache an. 15 Die durchschnittliche Wohnfläche je Haushalt lag im Jahr 1998 in den alten Bundesländern erheblich über derjenigen in den neuen Bundesländern. Bei Mietwohnungen betrug der Unterschied 16,3% und bei Eigentumswohnungen 15,1%. In Haushalten mit Kindern war der Unterschied noch stärker ausgeprägt. Familien mit Kindern hatten im Westen durchschnittlich 18,7% mehr Platz in ihrer Mietwohnung oder 16,6% mehr Platz in ihrer Eigentumswohnung. 16 Das Umfeld der Kinder im Osten war und ist weitaus stärker von Enge und Bedrängnis geprägt als im Westen. In Ostdeutschland war nach der Eingliederung der neuen Bundesländer in das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik die soziale und wirtschaftliche Lage für viele sichtlich schlechter geworden, vor allem waren die Berufschancen im Osten bei weitem nicht mehr so gut wie in der DDR und viel schlechter als im Westen. Angst, Hoffnungslosigkeit und Empörung angesichts der Situation auf dem Arbeitsmarkt prägten die Empfindungen vieler Bewohner der neuen Bundesländer. Selbstmord war deshalb im Osten wesentlich häufiger als im Westen die letzte Verzweiflungstat eines Menschen. Anfangs der 90er Jahre nahmen sich im Osten jährlich pro 100.000 Einwohner etwa 30 Männer und 10 Frauen das Leben, im Westen waren es hingegen nur etwa 20 Männer und acht Frauen. 17 Insgesamt lag die Selbstmordrate in Deutschland bei 12.000 pro Jahr, davon entfielen 3.000 Fälle auf die neuen und 9.000 Fälle auf die alten Bundesländer. Mangelnde Perspektiven im Osten führten überdies zu einer regelrechten Auswanderungswelle aus den neuen Bundesländern. In den 90er Jahren verließen gut 1,9 Millionen Menschen (knapp 12% der Bevölkerung) ihre angestammte Heimat und wanderten in Richtung Westen aus. Vom früheren Bundesgebiet zogen in den 90er Jahren beinahe 1,2 Millionen Menschen in die neuen Bundesländer. Der Abwanderungsüberschuß aus den neuen Ländern betrug in jener Zeit etwa 700.000 Personen und der Überschuß der Sterbefälle gegenüber den Geburten lag etwa bei 500.000 und demzufolge der Bevölkerungsverlust bei etwa 1.200.000 Personen, das heißt, daß die Bevölkerung der neuen Bundesländer in der ersten Dekade nach der "Wende" um 7,4% abgenommen hat. In der gleichen Zeitspanne verzeichneten hingegen die alten Bundesländer einschließlich des Landes West-Berlin einen Bevölkerungszuwachs von 4,3 Millionen Menschen entsprechend einer Zunahme um 6,8% und Deutschland als Ganzes einen Zuwachs von mehr als drei Millionen Menschen, was einer Zunahme um 3,9% gleichkommt. Der massive Bevölkerungsschwund im Osten führte in manchem Ort zu einer Destabilisierung der gewachsenen Strukturen wie auch zu einer Deregulierung des gesamten Ordnungsgefüges mit der Folge, daß einige Menschen jeglichen Halt und jegliche Orientierung verloren haben. Vor diesem Hintergrund ist es überhaupt nicht verwunderlich, daß die Gesamtkriminalitätsbelastung in den neuen Bundesländern nach der "Wende" ein weitaus größeres Ausmaß annahm als in den alten Bundesländern. So war die Kriminalitätsbelastung im Jahr 1996 in den neuen Bundesländern (ohne Ost-Berlin) um 26% größer als in den alten Bundesländern (einschließlich Gesamt-Berlin). Im Jahr 2000 war diese dann im Osten nur noch um 14,7% größer als im Westen, im Jahr 2002 nur noch um 8,3% als im Westen, da die Rückläufigkeit der Kriminalitätsbelastung in den letzten Jahren im Osten signifikant stärker ausgeprägt war als im Westen. Im Westen nahm sie ab 2000 sogar wieder leicht zu. [Siehe Graphiken 7 und 8]
1.3.2. "Rauschgiftkriminalität" im Osten – eine Folge kultureller GleichschaltungIm Jahr 1991 waren sowohl im Westen wie im Osten die Mehrheit der Jugendlichen von Optimismus beflügelt. 61% im Westen und 53% im Osten schauten damals zuversichtlich in die Zukunft. Fünf Jahre später (1996) waren es im Westen wie auch im Osten nur noch 35%. Eine düstere Zukunft wurde 1991 im Westen von 5% und im Osten von 3% der Jugendlichen erwartet. Fünf Jahre später waren es jeweils dreimal mehr, 15% im Westen und 12% im Osten. 18 Durch die "Wende" im Osten ist die Bundesrepublik Deutschland zwar größer geworden, die Zuversicht der deutschen Jugend jedoch nicht. Im Jahr 1999 – wohl durch den Regierungswechsel bedingt – veränderte sich die Erwartungshaltung bei den Jugendlichen
wieder etwas zum Besseren. In Ost und West schauten wieder jeweils etwa 50% der Jugendlichen zuversichtlich in die Zukunft, jedoch für
9% im Osten und 8% im Westen erschien die Zukunft immer noch düster. Im Jahr 2001 geschah etwas, daß vielen Politikern den Optimismus
raubte. Ein Attentat auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 versetzte die halbe sogenannte "zivilisierte
Welt" in Angst und Schrecken. Doch die Jugend in Deutschland schaute ein Jahr nach dem Attentat zuversichtlicher in die Zukunft als
zwei Jahre vor dem Attentat. Im Osten wuchs die Zuversicht um zwei, im Westen sogar um neun Prozentpunkte an, dies trotz wirtschaftlicher
Krise und hoher Arbeitslosigkeit. Graphik 12: Anteil der optimistischen Jugendlichen in Ost und West – 1991-1999 18 , 19 Graphik 13: Anteil der pessimistischen Jugendlichen in Ost und West – 1991-1999 18 |
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