Love Parade 2002
Weniger Besucher - erhöhtes Unfallrisiko
(Love Parade 1989-2002 und Street Parade 1992-2001 im Vergleich)

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1.3.6. Sechste Love Parade am 2. Juli 1994 in Berlin mit 120.000 Demonstranten

1994 tanzten bereits etwa 120.000 Menschen zum Sound von 36 Wagen auf dem Ku'damm, das heißt, daß sich durchschnittlich 3.333 Liebestänzer um jeden Musikwagen scharten, zehnmal so viele wie im Jahr 1990. Die Gesamtzahl der Feiernden auf dem Ku'damm war sogar 60mal so groß wie im Jahr 1990. Das Motto der Love Parade vom 2. Juli 1994 hieß "Love 2 Love".

Im Jahr 1994 gab es erstmalig Probleme mit der Genehmigung der Love Parade als Demonstration. Am 24. Mai 1994 meldete Dr. Motte die Love Parade beim Polizeipräsidenten in Berlin an. Bei der Anmeldung gab Dr. Motto das gleiche Motto (Friede, Freude, Eierkuchen) wie in den Vorjahren an, da sich die sommerliche Tanzparade auf dem Ku'damm als traditionelle Demonstration mit Musik als Medium der Verständigung bereits fest etabliert hatte. Obwohl die Love Parade unter diesem Motto bereits fünfmal als Demonstration genehmigt und durchgeführt wurde, wollte das Polizeipräsidium, Abt. Landeskriminalamt, Referat Ordnungsbehördlicher Staatsschutz, die Parade gemäß Bescheid vom 3. Juni 1994 nicht mehr als Demonstration zulassen. Der Veranstalter legte am 14. Juni 1994 gegen diesen Bescheid Beschwerde ein. 8 *

Der parteilose Kultursenator Ulrich Roloff-Momin wußte nicht, welcher Hintergrund für das Schreiben des Polizeipräsidenten vorlag, und er zeigte sich bestürzt über diesen Sachverhalt, sah jedoch keine Möglichkeiten, dieser Anordnung entgegenzuwirken. Der Jugendsenator Thomas Krüger (SPD) setzte sich jedoch vehement für die Parade ein und bot an, gegebenenfalls die Schirmherrschaft dafür zu übernehmen. Das Statement des Jugendsenators fand in den Medien großen Widerhall und sein klares Engagement zeitigte Wirkung. Die Love Parade wurde daraufhin von der Polizeibehörde wie in den Jahren zuvor als Demonstration anerkannt. Gemäß Pressemitteilung der Polizei vom 17. Juni 1994 war die Versammlungsbehörde beim Polizeipräsidenten nach nochmaliger Prüfung des Veranstaltungszweckes zu der Auffassung gelangt, daß die Love Parade unter dem Motto "Friede, Freude, Eierkuchen" als 'Demonstration' im Sinne es Versammlungsgesetzes anzusehen sei. 9 *

 

1.3.7. Siebte Love Parade am 8. Juli 1995 in Berlin mit 500.000 Demonstranten

Unter dem Motto "Peace On Earth" tanzten am 8 Juli 1995 nach Einschätzung der Veranstalter fast eine halbe Million Raver auf dem Ku'damm in Berlin, nach Einschätzung der Polizei waren es etwa 250.000. Auf jeden Fall war der Ku'damm brechend voll und viel zu eng für so viele Menschen Jeder Musikwagen war von Tausenden von Tänzern umzingelt. 10 * Gemäß Schätzung der Polizei entfielen auf jeden Wagen etwa 7.000 Raver, gemäß Schätzung der Veranstalter etwa 14.000.

Die Love Parade fand nicht mehr am ersten Juliwochenende statt, sondern am zweiten. Diese neue Regelung sollte bis zur Jahrtausendwende bestand haben. Im Vergleich zum Vorjahr verdreifachte sich die Teilnehmeranzahl, so daß auf der ganzen Strecke ein dichtes Gedränge entstand, aus dem es kein schnelles Entkommen gab. Zudem war es an diesem Samstag unglaublich heiß (über 30 Grad im Schatten). Mancher, der dem heißen Partystau entfliehen wollte, scheiterte an seinem Kreislauf und mußte von den Sanitätern abtransportiert, betreut und gepflegt werden. Viele fragten sich deshalb, wo denn die Parade im nächsten Jahr stattfinden solle.

Wegen des Krieges in Bosnien wählte Dr. Motte in diesem Jahr das Motto "Peace On Earth" für den Friedenstanz auf dem Ku'damm und meldete am 13. März 1995 die Love Parade als Demonstration an. Die Veranstaltungscrew reichte außerdem am 11. März 1995 ein Konzept zur Müllvermeidung ein.

Vorher hatte sich bereits der private Müllentsorgungsbetrieb Alba bereiterklärt, die Love Parade als Sponsor kräftig zu unterstützen und bei der Müllentsorgung zu helfen. Trotzdem entschied nach einer außerordentlich langen Bedenkzeit der Polizeipräsident in Berlin gemäß Schreiben vom 24. Mai 1995, die Love Parade sei im Sinne des Versammlungsgesetzes keine Demonstration. Der Innensenator Dieter Heckelmann (CDU) betonte zudem, es gehe in Wahrheit bei der Love Parade nicht um eine Meinungskundgabe, sondern um die Durchführung einer Techno-Fete auf öffentlichem Straßenland, die ihr eigentliches Gepräge durch den von ihr ausgehenden Lärm erhalte. 11 * Der Öffentlichkeit teilte Heckelmann über die Presse mit, daß die Love Parade weg müsse. 12 *

Die Veranstalter legten umgehend Widerspruch ein und kämpften mit allen erdenklichen Kräften für die Durchführung der Parade. Die Love Parade sei tot, vermeldeten demgegenüber einige Medien vorschnell. Justament während eines Kurzurlaubes des Innensenators fand am 6. Juni 1995 eine erneute Anhörung im Kreise der Berliner Innenverwaltung statt, bei der Staatssekretär Kuno Böse (CDU) im Berliner Innensenat als Stellvertreter Heckelmanns im Streit um den Status der Love Parade einlenkte. Aufgrund zahlreicher Proteste aus der Wirtschaft und des Gastgewerbes und vor allem auf Druck der Jugendsenatorin Ingrid Stahmer (SPD) genehmigte Staatssekretär Böse die Love Parade als politische Demonstration. 13 *

 

1.3.8. Achte Love Parade am 13. Juli 1996 in Berlin mit 750.000 Demonstranten

Am 13. Juli 1996 zog die Love Parade mit 750.000 Raver erstmalig durch den Tiergarten. Die Strecke führte damals wie auch noch heute vom Brandenburger Tor bzw. dem Ernst-Reuter-Platz zur Siegesäule am 'Großen Stern' in der Mitte der Route, wo sich die Musikwagen rund um die Säule zur Abschlußkundgebung versammelten. Einige waren zunächst enttäuscht über den Standortwechsel, doch die meisten freuten sich, daß sie mehr Platz zum tanzen hatten, obwohl sich fast 20.000 Raver um jeden der 39 Musikwagen scharten. Unter dem Motto "We are one family" wurde auf der Straße des 17. Juni ekstatisch getanzt und gefeiert und an der Siegessäule am 'Großen Stern' wurde nach der Parade an einer Abschlußkundgebung, an der Dr. Motte eine kurze Ansprache hielt, bis spät in die Nacht weitergetanzt.

Die Stadtväter hatten nach der überwiegend sehr positiven Berichterstattung von der Love Parade in den Medien rund um den Globus im Jahr 1996 langsam kapiert, daß abgesehen vom Ruf der Stadt Berlin als Austragungsort dieses weltweit beachteten Ereignisses durch die Love Parade erhebliche wirtschaftliche Vorteile für die Stadt zu erwarten seien. Deshalb schikanierten sie wohl dieses Jahr die Organisatoren der Love Parade nicht mehr im Vorfeld der Veranstaltung wie in den beiden letzten Jahren, sondern kooperierten mit den Veranstaltern. Und nach dem Liebestanz der Hunderttausende lobten Berlins Politiker übereinstimmend die Love Parade als großen Gewinn für das Ansehen Berlins. Bürgermeisterin Christine Bergmann (SPD) meinte, daß diese große, friedliche und bunte Party ein gelungenes Ereignis gewesen sei. Ebenfalls hoch zufrieden über den Verlauf der Raver-Party äußerte sich Innensenator Jörg Schönbohm (CDU): und meinte, dies sei ein Erfolg für Berlin gewesen und man solle endlich aufhören, die Diskussion kleinlich nur auf den Müll zu reduzieren. Der Sprecher der Berlin Tourismus Marketing Gesellschaft betonte, daß die internationale Aufmerksamkeit allein durch die Fernsehübertragungen enorm gewesen sei und daß man im kommenden Jahr noch stärker mit dem Raver-Fest werben werde. 14 *

Im Frühjahr des Jahres 1996 wurde die Love Parade GmbH gegründet, damit die Love Parade auf finanziell und vor allem rechtlich sicheren Füßen gestellt werden konnte. Zunächst mußte mal die ganze Organisation der Love Parade abgesichert werden. Dafür sei es außerordentlich wichtig, daß die Love Parade genügend Mittel habe zur Aufstellung von Toilettenhäuschen, zur Realisierung des Müllkonzeptes, zur Beauftragung der Security, zur Absicherung der Auflagen der Behörden und vor allem auch zu einer breiten und umfassenden Information über die Love Parade selbst.

Name "Love Parade" und die Logos wurden bei der Firmengründung zu eingetragenen Warenzeichen deklariert und dementsprechend geschützt 15 *. Die Love Parade GmbH [Matthias Roeingh (Dr. Motte), Andreas Scheuermann (Rechtsanwalt in Köln, Love Parade-Geschäftsführer), Jürgen Laarmann (Frontpage-Herausgeber), Ralf Regitz (Planetcom-Geschäftsführer), Wilhelm Christian Röttger (Mayday-Geschäftsführer), Sandra Molzahn (Mayday-Gesellschafterin)] war zwar in diesem Jahr die Anmelderin der Parade, doch die eigentlichen Aufgaben wurden an andere, befreundete Firmen delegiert: Die Planetcom Werbe- und Verwaltungs-GmbH [Ralf Regitz (Planetcom-Geschäftsführer, Love Parade-Gesellschafter), Hilke Saul, Andreas Roßmann, Lee Waters] übernahm die Organisation der Love Parade und die Gestaltung der Internetseiten »www.loveparade.de« wie auch der Internetseiten »www.techno.net«; Pressesprecher wurde Peter Lützenkirchen und die Low Spirit Recordings GbR. [Maximilian Lenz (DJ Westbam), Christoph Fabian Lenz (DJ Dick), Klaus Jürgen Jankuhn und Wilhelm Christian Röttger (William Röttger)] war für die Musik verantwortlich. 16 *

 

1.3.9. Neunte Love Parade am 12. Juli 1997 in Berlin mit 1.000.000 Demonstranten

Am 12. Juli 1997 wurde unter dem Motto "Let The Sun Shine In Your Heart" im Tiergarten zu den Sounds, die von 39 Musikwagen aus durch den Park schallten, wild und ekstatisch getanzt. Etwa eine Million Raver waren zum Feiern gekommen, so daß sich um die einzelnen Musikwagen jeweils etwa 25.000 tanzlustige Fans gruppierten. Die Sonne schien an diesem Samstag nicht nur in den Herzen der Raver, sondern auch von einem strahlend blauen Himmel, so daß die Temperatur selbst im Schatten der Bäume mehr als 30 Grad erreichte. Erst am späten Nachmittag vertrieb ein leichter lauer Wind die Hitze. Die abendliche Abschlußkundgebung am 'Großen Stern' faszinierte wie im Jahr zuvor wieder die Massen, die obligatorische Rede von Dr. Motte an der Siegessäule wurde hingegen mit etlichen Pfiffen quittiert.
Die Love Parade GmbH hatte einen Gesellschafter weniger als im Vorjahr: Frontpage-Macher Jürgen Laarmann verkaufte seine Anteile nach dem Konkurs, den er mit seiner Technomedia GmbH (Herausgeber der Frontpage) am 18. April 1997 besiegeln mußte. Des weiteren wurde die Internetseite »www.loveparade.de« zum ersten Mal von der Firma MidiDat in Potsdam und nicht mehr von der Planetcom GmbH produziert. Den Auftrag vergab die Love Parade GmbH im Konsens mit der Planetcom. Pressesprecher war immer noch - zum letzten Mal - Peter Lützenkirchen. Der Infopool der Love Parade informierte sowohl die Medien als auch zahlreiche private Einzelpersonen über die Aktivitäten rund um die Love Parade. 17 *

 

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8
Laarmann, J. (1994): Schrei nach Liebe? Alles zur Love Parade 1994, in: Frontpage 7/94, S. 2 f.
9
Ebd.
(Laarmann, J. (1994): Schrei nach Liebe? Alles zur Love Parade 1994, in: Frontpage 7/94, S. 2 f.)
10
Blümer, H., Conrad, A. (1995): Nächstes Mal parken wir woanders - Nach der Party das große Aufräumen: Erst heute soll der Müll der Love Parade völlig beseitigt sein, in: Der Tagesspiegel vom 10. Juli 1995, S. 7
11
Augstein, J. (1995): Berlin: Streit um Love Parade. DJ Heckelmann läßt abtanzen, in: Süddeutsche Zeitung Nr. 125 vom 1. Juni 1995, S. 3
12
Laarmann, J. (1995): Love Parade 95 - Peace on Earth?!, in: Frontpage 6/95, S. 6
13
Summer, R. (1995): Von den bürokratischen Hindernissen der Love Parade, in: WoZ-Extra vom 4. August 1995, S. 3
14
o.A. (1996): Love Parade bringt Image-Gewinn - Politiker zufrieden / 200 000 Mark Schaden am Großen Tiergarten, in: Berliner Zeitung vom 15. Juli 1996
15
Handelsregister des Amtsgerichts Charlottenburg: HRB 59288 - 6.Juni 1996: Love Parade Berlin GmbH Medien-, Produktions-, Verwertungs- und Veranstaltungsgesellschaft , Berlin (Hauptstr. 159, 10827 Berlin) Gegenstand: Der weltweite Schutz und die weltweite Verwertung der Marke Love Parade in allen dafür geeigneten Medien und Verwertungsbereichen, insbesondere aber nicht abschließend in den Bereichen TV, Radio, Kino, Tonträger und/oder Bildtonträger jeder Art, Veranstaltungen, Printerzeugnissen, Multimedianutzungen, Werbenutzungen gleich welcher Art, Merchandisingwaren und -dienstleistungen. Stammkapital: 51.000 DM Geschäftsführer: Rechtsanwalt Dr. Andreas Scheuermann, Köln GmbH. Der Gesellschaftsvertrag ist am 17. Mai 1996 abgeschlossen. Ist ein Geschäftsführer bestellt, so vertritt er die Gesellschaft allein. Sind mehrere Geschäftsführer bestellt, wird die Gesellschaft gemeinschaftlich durch zwei Geschäftsführer oder durch einen Geschäftsführer in Gemeinschaft mit einem Prokuristen vertreten. Einzelvertretungsbefugnis kann erteilt werden. Der Geschäftsführer Dr. Andreas Scheuermann hat Einzelvertretungsbefugnis und darf Rechtsgeschäfte mit sich selbst oder mit sich als Vertreter Dritter abschließen. Als nicht eingetragen wird veröffentlicht: Bekanntmachungen der Gesellschaft erfolgen in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung."
16
Love Parade: History: 1996: http://loveparade.techno.de/love2000/History-1996.html
17
Love Parade: History: 1997: http://loveparade.techno.de/love2000/History-1997.html