2.1. Redner auf der Zwischenkundgebung der Hanfparade 2017
Tibor Harrach, Apotheker
Tibor Harrach, Jahrgang 1964, studierte an der Philipps Universität Marburg Pharmazie
und arbeitet derzeit als Apotheker in Berlin. Tibor Harrach ist Mitglied der Partei Bündnis 90/Die Grünen. In der am 24. November 1994 gegründeten
Arbeitsgemeinschaft Drogen (heute Landesarbeitsgemeinschaft Drogenpolitik) im Landesverband der Grünen in Berlin engagiert er sich bis heute
aktiv für eine sachliche Drogenaufklärung und eine auf Vernunft basierte Drogenpolitik. Tibor Harrach ist Coautor mehrere Broschüren, die von der
LAG-Drogenpolitik – zum Teil in Kooperation mit dem Fachforum Drogen des Grün-Alternativen Jugendbündnisses (GAJB) – konzipiert wurden und
wegen der großen Nachfrage mehrfach nachgedruckt werden mussten.
Im August 1995 wurde Tibor Harrach auf den Verein Eve & Rave aufgrund von in Clubs ausgehängten Pillenwarnungen,
die der Verein im Rahmen seines Drug-Checking-Programms erstellt hatte, aufmerksam. Als Pharmazeut war er im Verein sehr willkommen und so
wurde er in der Folge mehrfach in den Vorstand gewählt. Als Vorsitzender des Vereins Eve & Rave Berlin nahm er im Februar 1997 an der Tagung
der European Cities on Drug Policies (ECDP) der Selbsthilfevereinigungen aus der europäischen Technokultur
in Frankfurt am Main teil und signierte dort am 7. Februar 1997 mit Vertretern von Eve & Rave Schweiz,
Techno Plus Paris und Safe Party People (Frankfurt am Main) die Resolution zur Drogenpolitik dieser Selbsthilfevereinigungen.
Auf Basis dieser Resolution wurde in der Folge das Sonics Netzwerk (Cybertribe-Netzwerk für Rhythmus und Veränderung)
gegründet. Tibor Harrach ist Mitbegründer dieses Netzwerkes. Dem Sonics-Netzwerk gehören Projekte an, die mit
unterschiedlichen Schwerpunkten kreative Aspekte der Partykultur mit kritischem Engagement und der Förderung von Drogenmündigkeit verbinden.
Mitte 2007 konstituierte sich in Berlin unter Mitwirkung von Tibor Harrach eine Arbeitsgruppe Drugchecking, die sich aus Vertretern der Drogenarbeit,
Verwaltung und Politik der Bundesländer Berlin und Brandenburg zusammen setzte. Mitte 2008 ging aus der Arbeitsgruppe die Drugchecking-Initiative
Berlin-Brandenburg hervor, die sich aus Initiativen und Verbänden aus dem Bereich der Drogenarbeit und Suchtmedizin, Aidsprävention,
Gesundheitsförderung und Politik zusammen setzt. Unter maßgeblicher Mitwirkung von Tibor Harrach organisierte die Initiative die Fachtagung Drugchecking
vom 13. November 2008 im Roten Rathaus von Berlin sowie das Drugchecking-Symposium in Berlin am 6. Mai 2011.
Tibor Harrach ist ein international gefragter Referent. Er hielt u.a. mehrfach Vorträge auf Kongressen des Bundesverbandes für akzeptierende
Drogenarbeit und humane Drogenpolitik akzept e.V., der Entheovision, der Entheo-Science
und des Nightlife Empowerment and Well-being Implementation Project NEWIP. Tibor Harrach ist seit vielen Jahren
kontinuierlich Redner auf der Hanfparade.
Günter Weiglein, Schmerzpatient
Günter Weiglein hatte 2002 einen Motorradunfall. Er war mit seinem Motorrad unterwegs und wurde von einem Autofahrer, der
ein Stoppschild übersehen hatte, auf der linken Seite voll erwischt. Die Folge waren multiple Frakturen am ganzen Körper. Er ist heute noch
sozusagen voller Metall, vom linken Unterschenkel, dem Oberschenkel, über den Unterarm bis hoch zum Unterkiefer. Damals war er als Werkzeugkonstrukteur
tätig und arbeitete für einen Zulieferer der Automobilindustrie. Nach dem Unfall musste er knapp eineinhalb Jahre komplett aussetzen und fand
danach, unter anderem durch den Unfall bedingt, keinen Einstieg mehr in meinen früheren Beruf.
In seiner Rede wird Günter Weiglein von seinen Erfahrungen mit dem Rechtsstaat Deutschland und den Umgang des Staates mit schwer kranken
Patienten berichten. Die folgenden Punkte geben Einblick in seinen leidvollen Weg.
Mit Schreiben vom 05.09.2009 beantragte Günter Weiglein beim Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) – Bundesopiumstelle
– eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten zur Behandlung seiner Schmerzen. Am 17.12.2009 wurde ihm dann eine
Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG zum Erwerb von Medizinal-Cannabisblüten entsprechend der ärztlichen Dosierungsvorgabe im Rahmen einer medizinisch
betreuten Selbsttherapie erteilt.
Mit Schreiben vom 14.07.2010 beantragte Günter Weiglein eine Erlaubnis nach § 3 Abs. 2 BtMG für den Eigenanbau von Cannabis in seiner Privatwohnung
zur medizinischen Anwendung. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Eigenanbau sei zur Senkung der Kosten erforderlich. Mit Bescheid vom 14.10.2010
wurde der Antrag abgelehnt. Hiergegen legte der Kläger durch ein Schreiben seiner Prozessbevollmächtigten am 08.11.2010 Widerspruch ein,
den er ausführlich begründete, insbesondere, da für den Medizinalhanf jährliche Kosten in Höhe von mehr als 5.000 Euro entstünden, die er nicht
aufbringen könne.
Am 11.08.2011 hat Günter Weiglein Untätigkeitsklage gegen das BfArM erhoben und den Antrag gestellt, ihm im Wege der einstweiligen Anordnung
bis zur Entscheidung in der Hauptsache zu erlauben, in seiner Wohnung Hybride der Pflanze Hanf (Cannabis Sativa) anzubauen, zu ernten und zur
Behandlung der Schmerzsymptome zu verwenden (7 L 1172/11). Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
wurde durch Beschluss der Einzelrichterin vom 13.09.2011 abgelehnt. Gegen den Beschluss legte der Günter Weiglein am 27.09.2011 Beschwerde
ein, die ausführlich begründet wurde. Durch Beschluss des Oberverwaltungsgerichts NRW vom 16.11.2011 (13 B 1198/11
wurde die Beschwerde des Klägers zurückgewiesen.
Am 8.07.2014 entschied das Verwaltungsgericht Köln, dass das BfArM unter Aufhebung seines Bescheides vom 14.10.2011 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 26.09.2011 verpflichtet wird, über den Antrag des Klägers auf Anbau von Cannabis zum Zweck der Eigentherapie unter
Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu entscheiden. Die Kosten des Verfahrens trägt das BfArM. Gemäß Urteil steht der Bundesopiumstelle
nur noch ein Ermessensspielraum hinsichtlich der erforderlichen Sicherheitsanordnungen und der inhaltlichen Ausgestaltung der Erlaubnis nach
§ 9 BtMG (z.B. hinsichtlich der Zahl der erforderlichen Pflanzen) zu. Die Berufung wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Sache, insbesondere
wegen der angenommenen Ermessensreduzierung auf null im Rahmen des § 3 Abs. 2 BtMG, zugelassen.
Zum Leid der Patienten hat die Bundesregierung bis heute verhindert, dass die Patienten ihre Medizin kostengünstig selbst anbauen dürfen.
Andreas Vivarelli, Grüne Hilfe Köln
Andreas Vivarelli ist in vieler Hinsicht drogenpolitisch aktiv. Seit März 2015 ist er Koordinator der Arbeitsgemeinschaft
für Drogen- und Suchtpolitik der Piratenpartei (sein Nickname dort ist bestenfalls). Seit März 2016 ist
er Betreiber des Regionalbüros Köln der Grünen Hilfe.
Andreas Vivarelli ist zudem bei JES NRW e.V. (Junkies, Ehemalige, Substituierte) engagiert. Auch dort ist er
unter seinem Nickname als Autor bestenfalls bekannt. Des weiteren ist Andreas Mitglied beim Cannabis Colonia e.V.,
der regelmäßig in Köln die Dampfparade organisiert.
Andreas Vivarelli wird vor dem Gesundheitsministerium seine Einschätzung zur drogenpolitische Lage im Allgemeinen sowie zur Situation der
Patienten vermitteln.
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