DrogenGenussKultur |
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Love Parade 2002 |
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1.3.10. Zehnte Love Parade am 11. Juli 1998 in Berlin mit 1.000.000 DemonstrantenDas Motto zur Love Parade vom 11. Juli 1998 hieß "One World One Future". Trotz
Regen kamen wieder Hunderttausende, die friedlich - ohne jegliche Zwischenfälle - miteinander ihren
Spaß hatten. Die genaue Anzahl der Teilnehmer ließ sich nur schätzen: So sprach die Polizei von
knapp 400.000, die Berliner Stadtreinigung (BSR) von 600.000, Dr. Motte von einer Million und Pressesprecher
der Love Parade, DJ Disko von 1,1 Millionen. Aus dem Großereignis der Subkultur wurde jedenfalls
ein ganz normales Massenspektakel. Daran änderte das Gequatsche von Dr. Motte nichts. Er erntete
genau wie im Vorjahr Pfiffe, als er auf dem Podest der Siegessäule seine Rede hielt. 18 In den Jahren 1996 und 1997 war man sich über die Anzahl der Teilnehmer an der Love Parade weitgehend einig, 1995 hingegen 'zählte' die Polizei etwa 250.000 Raver, die Veranstalter glaubten jedoch doppelt so viele - eine halbe Million - Raver gesehen zu haben. Auch im Jahr 1998 klafften die Meinungen bezüglich der Anzahl der anwesenden Raver wieder stark auseinander. Die Polizei will weniger als halb so viele Menschen im Tiergarten gesichtet haben als die Veranstalter. Demgegenüber gab es keinen Streit über die Anzahl der Musikwagen. Es waren genau 47. Gemäß den Angaben der Veranstalter scharten sich somit etwa durchschnittlich 21.000 Raver um jeden Musikwagen, gemäß den Angaben des Berliner Stadtreinigung etwa 13.000 und gemäß Polizeiangaben etwa 8.500. In den Jahren 1994 und 1995 gab es im Vorfeld der Love Parade heftige Auseinandersetzungen
auf rechtlicher und politischer Ebene bezüglich der strittigen Frage, ob die Love Parade eine politische
Demonstration sei oder nicht. In den Jahren 1996 und 1997 wurde die Love Parade ohne großes Aufsehen
zu erregen, genehmigt und auch sonst hielten sich die Auseinandersetzungen eher auf einem niedrigen
Niveau. Im Vorfeld der Love Parade 1998 kam es jedoch wieder zu heftigen und äußerst polemisch
geführten Diskussionen. Themenschwerpunkte waren die von Bäumen abgeknickten Äste, die zertrampelten
Sträucher und der zertretene Rasen, kurzum die Schäden im Tiergarten versus die für Berlin zu erzielenden
wirtschaftliche Zugewinne und zu erzielende Werbung. 19 Die Love Parade sei dieses Jahr ein reiner Trinkermarsch gewesen, klagten die Beschäftigten der Berliner Stadtreinigung (BSR). Der hohe Anteil der Biertrinker sei für sie neu gewesen, sagte BSRSprecherin Sabine Thümler. Die Love Parade habe in diesem Jahr ihren gesamten Charakter verändert; es seien sehr viele betrunkene Menschen zu sehen gewesen und man habe etwa 1,5 Millionen Getränkedosen wegräumen müssen. Vielleicht müsse man umdenken und den Bierverkauf an der Strecke unterbinden, wie es der Veranstalter Planetcom zuvor schon vorgeschlagen hatte. Matthias Roeingh alias Dr. Motte, Erfinder der Love Parade, hat das gesamte Getränkekonzept
des Bezirks Tiergarten als schädlich für das Image der Parade bezeichnet und sagte, daß der Bierausschank
verboten werden sollte. Die Teilnehmer sollten nicht betrunken, sondern bei vollem Bewußtsein an
der Love Parade teilnehmen. Auch die Einnahme von Ecstasy und anderen Drogen lehne er persönlich
ab. Demgegenüber gab es wenig Verständnis für die Kritik von Planetcom bei der für die Sicherheit
zuständigen Polizeidirektion 3 in Tiergarten. Peter Daube vom Planungsstab der Polizei hob hervor,
daß es auch schon im vergangenen Jahr Bier gegeben habe. Wenn nicht die offiziellen, dann verkauften
es eben die fliegenden Händler, erklärte der Polizeibeamte und ergänzte, daß in diesem Jahr nur
kleine "Zusammenrottungen" von leichten Ständen im Abstand von hundert Meter oder mehr gestattet
gewesen seien. 20
1.3.11. Elfte Love Parade am 10. Juli 1999 in Berlin mit 1.500.000 Demonstranten.Am 10. Juli 1999 sollen etwa 1,5 Millionen Raver unter dem Motto "Music Is The
Key" im Tiergarten im Umfeld von 51 Musikwagen freudvoll und fröhlich bei schönstem Wetter getanzt
haben. 21 Hauptthema für die Medien war auch dieses Jahr wieder der Müll und die Schäden im Tiergarten. Nach ersten Schätzungen der Berliner Stadtreinigung (BSR) waren mindestens 200 Tonnen Müll angefallen, 50 Tonnen mehr als im Vorjahr. Der Abfall bestand hauptsächlich aus Getränkedosen und Flaschen. Die Reinigung der Grünflächen im Tiergarten dauerte am Abend noch an. In BSR-Kreisen hieß es, daß der Aufwand deutlich über dem des Vorjahres liege. Die diesjährige Höhe der Reinigungskosten (1998 waren es etwa 180 000 Mark = etwa 92.000 Euro) war am Tage nach der Love Parade noch völlig offen. Tiergartens Bürgermeister Jörn Jensen (Grüne) und Baustadtrat Horst Porath (SPD)
forderten einmal mehr, die Love Parade künftig auf dem Flughafen Tempelhof durchführen zu lassen.
Die Summe der Schäden, die durch die Love Parade in den vergangenen drei Jahren verursacht worden
seien, betrüge 650.000 Mark respektive 332.000 Euro, das entspricht einem Schaden von gut 110.000
Euro pro Jahr. 1999 seien insbesondere die Teiche in Mitleidenschaft gezogen worden. Die Veranstalter
bestanden dennoch auf den Tiergarten als zukünftigem Schauplatz der Love Parade und betonten mit
Nachdruck, daß eine solche Massenveranstaltung an keiner anderen Stelle in Berlin möglich gewesen
wäre. Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) kündigte kurz nach der Parade an, daß er sich
beim ersten Runden Tisch zwischen Senat, Bezirk und Veranstaltern der Parade am 29. Juli 1999 dafür
aussprechen werde, daß der Hauptorganisator der Love Parade, Ralf Regitz, im Jahr 2000 die Lizenz
für den Getränkeverkauf im Tiergarten bekommen solle. 22 Rein kommerziell war auch der Hintergrund eines Streites zwischen der Love Parade
GmbH und einem hanseatischen Verleger. Der Schmitz-Verlag in Hamburg brachte zur Love Parade 1999
ein Buch zur Veranstaltung mit dem Titel "O-Töne einer Bewegung 89-99" heraus. Potentielle Käufer
suchten jedoch vergebens nach dem Buch in den Verkaufsständen im Tiergarten, da der Verlag und die
Love Parade GmbH sich über die Lizenzgebühren für das Werk so zerstritten hatten, daß keine einvernehmliche
Einigung erzielt werden konnte. 23
1.3.12. Zwölfte Love Parade am 8. Juli 2000 in Berlin mit 1.300.000 DemonstrantenAm 8. Juli 2000 sollen nach Angaben der Veranstalter etwa 1,3 Millionen Raver
im Tiergarten getanzt haben.. Nach Beobachtungen und Hochrechnungen der Polizei sollen es knapp
eine Million gewesen sein. 24 Wenige Tage nach der Love Parade wurde in den Medien der Hauptstadt einmal mehr
festgestellt, daß erheblich mehr alkoholische Getränke konsumiert wurden als vor Jahresfrist auf
der Parade und zudem wurden zahlreiche Ungereimtheiten beim Getränkeverkauf publik. Das Unternehmen
Caspar-Catering hatte für 325.000 Mark (166.000 Euro) von den Bezirken Charlottenburg und Tiergarten
den Zuschlag für den Getränkeverkauf bekommen, wobei die Lizenz mit der Maßgabe verbunden war, Mehrwegbecher
gegen Pfand auszugeben. Durch diese Maßgabe sollte die Müllmenge im Tiergarten verringert werden.
Doch obwohl weniger Raver als im Vorjahr zur Love Parade kamen, war die Müllmenge mit geschätzten
300 Tonnen gleich groß geblieben. Der Abfall bestand nach Angaben der Berliner Stadtreinigung (BSR)
wie in den Vorjahren zum größten Teil aus Dosen und Plastikflaschen. Offenbar hatte das vorgeschriebene
Mehrwegsystem nicht funktioniert. 25 Die Firma Caspar-Catering hatte die Flächen für die Verkaufsstände nicht selbst
genutzt, sondern sie vermietete diese Flächen an die DB-Gastronomie. Die DB-Gastronomie hatte dann
ihrerseits an den 150 Ständen vornehmlich Plastikbecher gegen je 50 Pfennig Pfand ausgegeben. Die
Becher waren jedoch von der Machart her überhaupt nicht stabil und konnten nicht wiederverwertet
werden, so daß sie allesamt im Müll landeten. Selbst der Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU)
kritisierte die mangelhafte Müllvermeidung und mußte feststellen, daß das Pfandsystem oft umgangen
worden sei. Die Stände der DB-Gastronomie hätten massenweise Einwegbecher statt der vorgeschriebenen
Mehrwegbecher ausgegeben. 26 Einen Tag vor der Love Parade klang es noch so, als hätte man alles im Griff.
Stefan Bundscherer vom Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) erklärte wie ein Werbefachmann,
daß der Verkauf von Getränken in Mehrwegbechern ein wichtiger Einstieg in die Müllvermeidung sei
und jeder Mehrwegbecher könne eine Getränkedose ersetzen und bedeute damit bereits einen Erfolg
für den Umweltschutz. Charlottenburg und Tiergarten hatten auf Initiative des BUND ein gemeinsames,
umweltverträgliches Müllkonzept für die Love Parade erarbeitet. Bundscherer verspracht sich vom
Mehrwegsystem der Love Parade eine Müllreduzierung um 40 bis 50 Prozent. 27 Auf der Love Parade werde eindeutig zuviel gesoffen, stellte der Sprecher der Street
Parade, Stefan Epli aus Zürich, mit Bedauern fest. Gegen Schwarzhändler werde in Zürich weitaus
strenger vorgegangen als in Berlin, sagte Epli und fügte hinzu, daß er entsetzt gewesen sei, wie
viele Besoffene bei der Love Parade mit Bier oder Wodka rumliefen und bemängelte zudem, daß in Berlin
auch auf den Love-Mobiles "gesoffen" werde. 28 Der Einsatzleiter des Malteser Hilfsdienstes, Ansgar Köhler, beobachtete seit neun
Jahren die Love Parade. Er kritisierte generell den steigenden Alkohol- und Drogenkonsum und hob
hervor, daß die Mischung von beidem erheblich zugenommen habe und fügte hinzu, daß diejenigen, die
nur Drogen konsumierten, im allgemeinen nicht bei den Sanitätern auftauchten und die reinen Trinker
meist auch nicht. Erschreckend sei die Tatsache, feststellen zu müssen, daß trotz sinkender Teilnehmerzahl
an der Love Parade im Jahr 2000, etwa 200 Menschen mehr in Krankenhäuser eingeliefert werden mußten
als bei der Love Parade im Jahr 1999. 29 Während sich die Zahl der ambulanten Hilfsleistungen durch den Malteser-Hilfsdienst
verringerte, gab es an der Love Parade 2000 einen Zuwachs bei den Transporten in Krankenhäuser:
Hier lag die Zahl mit 537 um etwa 200 höher als im Vorjahr. Die Sprecherin des Malteser-Hilfsdienstes
an der Parade, Charlotte Hahner, konstatierte wie auch der Einsatzleiter Köhler, daß der Drogen-
und Alkoholmißbrauch in erschreckendem Maße zugenommen habe. 30
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